Musikalisch zünftige Zimmersleut

Das Zimmermannshandwerk hat eine lange Tradition. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelten sich regional unterschiedliche Bräuche. Dabei spielte die Musik auch immer eine bedeutende Rolle. Diese wurde in Musikkapellen gepflegt. Das Zimmermannsorchester „Ballas“ aus Halle pflegt diese Tradition seit fast 50 Jahren.

Zimmermänner sind bisweilen lustige Gesellen und so entstanden bei der Wanderschaft oft zünftige Lieder, die bei verschiedenen Anlässen gemeinsam gesungen wurden. Nach der deutsch-deutschen Teilung wurden in der DDR diese Bräuche weiter gepflegt. 1966 gründeten 25 Lehrlinge des damaligen Bau- und Montagekombinats Chemie Halle ein Zimmermannsorchester. Heute ist diese Musikkombo das einzige zunftunterstützende Orchester des Bauhandwerks in der Bundesrepublik und Mitglied im BZGD „Bündnis zünftiger Gesellen Deutschlands“ sowie im „Landesmusikverband Sachsen-Anhalt“.

Einer der Höhepunkte in der Anfangszeit war der Auftritt bei der Uraufführung des Filmes „Spur der Steine“ nach dem gleichnamigen Roman von Erik Neutsch. Dieser Film wurde kurz danach verboten, da er sich mit den Verhältnissen in der ehemaligen DDR zu kritisch auseinander setzte. Durch Nachahmung von manchen Streichen aus dem Film bekam das Orchester bald den Beinamen „Die Ballas“.

In folgenden Jahren spielten die musikalischen Zimmerleute bei verschiedenen Gelegenheiten in der DDR, wie zum Beispiel bei Jugendtreffen oder bei der Einweihung des Palastes der Republik. Nach der politischen Wende begann dann eine Zeit mit vielfältigen Problemen, zum Beispiel flossen keine Fördergelder mehr, auch waren die Probebedingungen schwierig und der Verein verlor Mitglieder. Trotz dieser Widrigkeiten konnten die Musiker das Orchester vor der Auflösung bewahren. Heute hat die Zimmermannskapelle wieder bundesweit Auftritte. 2011 spielten sie beim Gesellentreffen in Blankenburg und traten beim traditionellen Salzfest in Halle auf. Seit der Gründung hatten die Musiker über 1400 Auftritte, rund 600 Mitglieder bekamen eine Ausbildung an den unterschiedlichsten Instrumenten.

Nachwuchs gesucht

Mit zünftigen Märschen, Walzerklängen, Polkas sowie manche Stimmungstitel begeistern die Musiker das Publikum. „Ein Problem aber ist der Nachwuchs“, sagt Vereinvorsitzender Eckhart Schumann. Es sei in Halle relativ schwierig, musikbegeisterte und traditionsbewusste junge Menschen für das Orchester zu finden. Eine weitere Hürde: die Musiker müssen Zimmermänner sein.

Allerdings ist das Interesse in der Bevölkerung an dem Zunftorchester ungebrochen und spiegelt sich bei Auftritten und in zahlreichen Beiträgen in der Presse und im Hörfunk wider. „Von dem her sollte das genügend Ansporn für den Nachwuchs sein“, sagt der Vereinsvorsitzende Schuhmann zuversichtlich.

Autor

Lutz Reinboth ist Bauingenieur und interessiert sich vor allem für historische Begebenheiten am Bau.

Das Zimmermannsorchester „die Ballas“ hat seinen Namen von einem systemkritischen DDR-Film

„Die Ballas“ - zünftig und traditionell


Das Zimmermannsorchester bietet auch eine eigene CD an: Einige Titel können auf der Internetseite downgeloadet und bestellt werden.

Spenden erwünscht!

Zimmermannsorchester Halle e.V. 1966 „Die Ballas“

c/o Eckart Schumann

06132 Halle (Saale)

Tel.: 0345 / 7705794

www.zimmermannsorchester-halle.de


„Die Ballas“ – zünftig und traditionell


Das Zimmermannsorchester bietet auch eine eigene CD an: Einige Titel können auf der Internetseite downgeloadet und bestellt werden.

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