Moderner Holztafelbau

In Hessisch Lichtenau entstand das mit 3000 m² bundesweit erste Seniorenwohnheim dieser Größenordnung in Holztafelbauweise. Mit Gipsfaser-Platten haben die Handwerker die hohen brandschutztechnischen Anforderungen erfüllt.

Viel Motivation und Begeisterung hatte das Unternehmen Holzbau Kühlborn aus Spangenberg in den letzten Jahren aufgewendet, um dieses Projekt zu realisieren. Ziel war der Bau eines Seniorenheims in Holztafelbauweise, das seinen rund 60 Bewohnern ein familiäres Umfeld und hohe Wohnqualität bietet. Als Standort bot sich ein zentral gelegenes, etwa 5000 m² großes Grundstück in der nordhessischen Kleinstadt Hessisch Lichtenau an.

Geringe Betriebskosten

Neben einem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk wird dort Erdwärme per Wärmepumpe gefördert. In Kombination mit einer dichten und gut gedämmten Gebäudehülle werden so die Betriebskosten auf einem Minimum gehalten. Der Bau erreicht KfW Effizienzhaus 40 Standard. Insgesamt erreicht die Konstruktion Dämmwerte von U=0,14 W/m²K bei der Außenwand sowie U=0,9 W/m²K bei den Fenstern. Der Jahresbedarf an Heizwärme liegt bei 93 600 kWh.

„Durch das hier eingesetzte energetische Konzept ist es gelungen, ein optimales Raumklima mit gleichbleibend angenehmen Temperaturen zu erreichen“, sagt Dipl.-Ing. Florian Hamacher, der das Projekt für die Kühlborn GmbH betreut hat. Ein Effekt, der durch die Gipsfaserplatten von Fermacell unterstützt wird. Die gleichen nach ihrem Einbau das Raumklima aus, indem sie überschüssige Luftfeuchtigkeit aufnehmen und zeitversetzt, bei trockener Raumluft, wieder abgeben.

Brandschutz als besondere Herausforderung

„Eine besondere Herausforderung bei diesem Projekt bestand darin, alle Baubeteiligten von der Sicherheit im Bereich des Brandschutzes zu überzeugen“, berichtet Bauleiter Dipl.-Ing. Arne Weide. Denn das Seniorenheim gilt als Einrichtung zur Pflege und Unterbringung von Senioren als Sonderbau. Es entspricht mit einer Fußbodenhöhe des obersten Geschosses mit Aufenthaltsräumen von maximal sieben Metern der Gebäu­deklasse drei der Hessischen Bauordnung. Das vom Sachverständigenbüro Dehne Kruse Brandschutzingenieure erstellte Brandschutzkonzept trägt dem Rech­­nung. Die Sachverständigen teilten das Gebäude in drei Brandabschnitte ein, die durch Brandwände in Massivbauweise voneinander getrennt wurden. Ebenfalls in Massivbauweise aus Stahlbeton wurden das Treppenhaus sowie der Aufzugsschacht im Eingangsbereich ausgeführt. Alle Außen- und Innenwände des Objektes wurden in Holztafelbauweise erstellt. Dabei erfolgte der raumseitige Abschluss der Au­­ßenwände mit 18 mm Fermacell-Gipsfaserplatten. Darunter waren 15 mm dicke Holzwerkstoffplatten angebracht. Außen erhielt die Konstruktion eine zementgebundene Spanplatte (18 mm) und eine 80 mm Wärmedämmung aus Steinwolle als Putzträger. Für die abschließende Beschichtung kam ein diffusionsoffenes Putzsystem zum Einsatz. Die Dämmung im Wandhohlraum erfolgte mit Zellulose-Einblasdämmung mit einer Dichte von über 50 kg/m³.↓

Doppelständerwände zur Trennung

Innerhalb der Wohneinheiten haben die Handwerker die Innenwände ohne Brandschutzanforderungen montiert. Sie bestehen aus einer Unterkonstruktion aus Konstruktionsvollholz (6/12 cm), beidseitig haben die Handwerker 12,5 mm Gipsfaserplatten angebracht. Der Wandhohlraum ist mit 120 mm Mineralwolle der Baustoffklasse A2 gedämmt. Später haben die Handwerker darauf die Fliesen im Dünnbettverfahren verlegt. Hohe Anforderungen an den Brand- und Schallschutz bestanden bei den Trennwänden zwischen den einzelnen Wohnungen. Sie wurden als Doppelständerwand mit einer beidseitigen Beplankung aus einer doppelten Lage mit 12,5 mm und 10 mm dicken Gipsfaserplatten sowie mit 2 x 60 mm Steinwolle im Wandhohlraum ausgeführt. Hohe Brandschutzanforderungen, jedoch geringe Schallschutzanforderungen bestanden bei den Trennwänden zum Flur. Sie wurden einschalig geplant und beidseitig mit einer doppelten Lage aus 12,5 mm und 10 mm Fermacellplatten und einer Wärmedämmung aus 120 mm Steinwolle ausgeführt.

Die Deckenkonstruktionen bestehen unterseitig aus einer doppelten Lage aus 12,5 mm und 10 mm Gipsfaser-Platten mit 100 mm Steinwolldämmung. Oberseitig wurden Holzwerkstoffplatten verarbeitet. Der Deckenaufbau im Flachdachbereich erfolgte analog, jedoch mit Zellulosedämmung und unterseitig zwischen Deckenbalken und Unterkonstruktion angeordneter feuchtevariabler Dampfsperre.

Hohe Präzision bei der Verarbeitung

Wand- und Deckenelemente wurden als Holztafeln komplett in den Werkstätten von Holzbau Kühlborn vorgefertigt. In einer Produktionszeit von nur neun Wochen verarbeiteten die Handwerker dabei etwa 400 m³ Fichte-Vollholz, etwa 110 m³ Holzwerkstoffplatten sowie 630 m³ Zellulose und rund 18 000 m² Gipsfaserplatten. Durch die hohen brandschutztechnischen Anforderungen war bei der Herstellung der Holztafeln höchste Präzision gefordert. Besonders bei der Ausführung der Brandschutzbekleidungen der Bauteile in den Anschlussbereichen: Sie wurden mit Fugenversatz, Stufenfalz und Nut- und Federverbindung so ausgebildet, dass keine durchgängigen Fugen entstehen, damit eine Entzündung der Tragstruktur ausgeschlossen ist. Nach der Fertigstellung der 3,20 m x 10 m großen Wandelemente und der 15 m x 2,50 m großen Deckenelemente lieferte der Tieflader die Teile zur Baustelle.

Schnelle Abwicklung auf der Baustelle

Dank des hohen Vorfertigungsgrades war eine schnelle und reibungslose Abwicklung auf der Baustelle gewährleistet. Die 105 Außenwandelemente mit einer Fläche von insgesamt 1850 m² sowie 270 Innenwandelemente mit einer Fläche von 3000 m²  montierten die Zimmerern innerhalb von nur drei Wochen auf der Baustelle. Hinzu kamen weitere 130 Dach- und Deckenelemente mit einer Fläche von 2900 m². Insgesamt sorgte die schnelle Montage auf der Baustelle für eine rasche Fertigstellung des Gebäudes: Rund ein halbes Jahr nach Grundsteinlegung konnte Richtfest gefeiert werden, weitere vier Monate später wurde das Seniorenwohnheim offiziell eröffnet.

Autorin

Rita Jacobs führt ein PR-Büro mit Schwerpunkt Bau und ­Architektur in Düsseldorf. Sie arbeitet als freie Journalistin unter anderem für die Zeitschriften bauhandwerk und dach+holzbau.

Während der Produktion wurden etwa 400 m³ Fichte-Vollholz verarbeitet

Bautafel (Auswahl)

Bauvorhaben AWO Seniorenzentrum

Bauweise Holztafelbau mit Brandschutzbekleidung in F60 / K230 nach DIN EN 13501-2

Nutzfläche 3000 m²

Umbauter Raum 11000 m³

Produkt Fermacell Gipsfaser-Platten


Baubeteiligte (Auswahl)

Bauherr Klaus und Kai Kühlborn GbR

Planer Architekt p.a.s. Projekt Architektur, Städtebau, Spangenberg

Prüfstatik Eisfeld Ingenieure, Kassel, www.e3p.de

Haustechnik Dipl.-Ing. Andreas Krützfeldt, Schwülper, www.gk-ingenieurbuero.de

Bauleitung p.a.s. Projekt Architektur, Städtebau, Spangenberg, Dipl.-Ing. Arne Weide

Holzbauer Holzbau Kühlborn GmbH, Spangenberg, www.holzbau-kuehlborn.de




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