Luftdicht bis in die Ecke

Für das diffusionsoffene Bauen im Holzbau muss man nicht nur auf die richtige Planung, sondern vor allem auch auf die richtige Ausführung auf der Baustelle achten. In lockerer Folge erklären wir daher, worauf es in der Praxis besonders ankommt. Heute: der Anschluss an die Außenecke.

Wärmebrücken und luftdurchlässige Anschlussdetails sind Schwachstellen im Gebäude, die sowohl zu hohen Energieverlusten führen als auch die Entstehung von Bauschäden verursachen können. Aber das muss nicht sein: Durch konstruktive Lösungen bei der Wärmedämmung können Wärmebrücken minimiert und luftdichte Anschlüsse sicher hergestellt werden.

Jahrhunderte lang hat sich Holz als Baustoff bewährt. Mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert und dem damit verbundenen Übergang von handwerklicher Individualfertigung zur industriellen Massenproduktion jedoch wurde Holz von neuen, in großer Menge herstellbaren Baustoffen verdrängt und fristete anschließend für lange Zeit ein Nischendasein. Neuerdings erfreut sich der Holzbau wachsender Beliebtheit. Schlanke stabile Wände sorgen für eine hohe Flexibilität, rationelle Verarbeitung und kurze Bauzeiten. Der Holzbau wird damit zur perfekten Alternative zum Massivbau.

Wärme- /Kältebrücken auch im Holzbau

Gerade auch wenn es um eine energieeffiziente Bauweise geht, kann die Holzbauweise ihre Vorteile voll ausspielen. Auch im Holzbau sind Wärmebrücken, also Bereiche in den Bauteilen eines Gebäudes, durch die die Wärme schneller nach außen transportiert wird als durch die angrenzenden Bauteile, nicht zu vermeiden. Dabei entstehen zum einen konstruktive Wärmebrücken durch Materialien mit unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit. Zum anderen ergeben sich geometrische Wärmebrücken, wenn die Innenoberfläche ungleich der Außenoberfläche ist.

Das ist zum Beispiel bei der Außenecke der Fall. Hier wird die Kälte außen auf einer großen Fläche gesammelt und wirkt innen konzentriert auf eine relativ kleine Fläche ein. Durch eine gezielt eingesetzte Wärmedämmung und eine geschickte Konstruktion kann die Wirkung von Wärmebrücken soweit reduziert werden, dass keine wesentlichen zusätzlichen Wärmeverluste auftreten. An anderen Detailpunkten wie Innenecken oder Fensteranschlüssen ist es sogar möglich, dass negative Wärmebrückenbeträge angesetzt werden können.

Aufbau der Wandkonstruktion

Bauteil Außenwand

Unser Beispiel geht von einem diffusionsoffenen Aufbau der Außenwand aus. Hier gilt das Prinzip „innen dichter als außen“. Kenngrößen dazu sind die sd-Werte der einzelnen Schichten. Entsprechende Angaben stehen in der DIN 68 800-2 (Teil 2 – Vorbeugende bauliche Maßnahmen).

Beplankung innen

Bewährt als innere Beplankung für alle typischen Holztafelkonstruktionen haben sich Gipsfaser-Platten, wie etwa Fermacell Vapor mit 12,5 mm Dicke mit einem sd-Wert von 3,1 m als dampf-diffusionsbremsende Schicht, bei denen durch eine auf der Plattenrückseite aufgebrachte Kaschierung die Wasserdampfdurchlässigkeit soweit reduziert wird, dass zusätzliche dampfbremsende Schichten in Außenwandkonstruktionen entfallen können.

Tragende und gedämmte Ebene/Ständerebene

Die Dämmung des Wandhohlraums kann mit eingeblasenen Zellulosedämmstoffen erfolgen, alternativ können aber auch andere Dämmstoffe wie zum Beispiel mineralische Dämmstoffe (Glasfaser, Steinwolle) oder solche aus nachwachsenden Rohstoffen (Flachs, Hanf, Holzfaser) eingesetzt werden.

Beplankung außen

Im Gegensatz zur diffusionsdichten, raumseitigen Beplankung, die möglichst diffusionshemmend ­ausgeführt werden soll, ist bei der abschließenden Beplankung nach außen ein diffusionsoffener Be­plankungswerkstoff sinnvoll. Wegen ihrer Materialeigenschaften sind hier zum Beispiel Fermacell Gipsfaser–Platten mit 12,5 mm Dicke mit einem sd-Wert von 0,16 m besonders geeignet. Der niedrige sd-Wert zeigt eine nach außen offene Konstruktion, durch die ein Wasserdampfstrom ungehindert nach außen gelangen kann, ohne an den kälteren Bauteilschichten außen zu kondensieren. Beide Beplankungslagen – Gipsfaser-Platten innen und außen – können außerdem für die statische Aussteifung heran­gezogen werden (charakteristische Festigkeitswerte, siehe ETA 03/0050).

Um in der Hinterlüftungsebene der Fassade anfallende Feuchtigkeit sicher abzuführen, ist abschließend auf der Gipsfaser-Platte ein Windpapier (sd-Wert max. 0,3 m) aufzubringen. Die Stöße der Bahnen sind dabei jeweils zu verkleben. Wenn die Holztafelelemente nach dem Aufrichten noch nicht über einen permanenten Witterungsschutz durch eine Vorhangfassade verfügen, übernimmt das Windpapier vorübergehend die Funktion des Witterungsschutzes.

Abschließend wird außenseitig die hinterlüftete Fassade aufgebracht. Hier kann Powerpanel H2O (in der Grafik als Putzfassade dargestellt nach Zulassung Z-31.4-181) eingesetzt werden. Alternativ zur Powerpanel H2O-Platte sind zum Beispiel auch Holzfassaden möglich. Genauere technische Informationen stehen im Handbuch „Fermacell im Holzbau – Planung und Verarbeitung“, Kapitel 2.10 „Außenbeplankung auf Fermacell Gipsfaser-Platte“. Weitere Angaben zum diffusionsoffenen Wandaufbau beziehungsweise zum konstruktiven Holzschutz stehen ebenfalls im technischen Handbuch „Fermacell im Holzbau – Planung und Verarbeitung“, Kapitel 1.5 und 1.6.

Anschluss Außenecke – Montage und Ausführung luftdicht

Bevor die Wände aufgestellt werden, muss auf der Beton-Bodenplatte beziehungsweise Beton-Kellerdecke eine ­Horizontalsperre aufgebracht werden, um die Elemente vor aufsteigender Feuchtigkeit zu schützen. Anschließend wird zum Niveauausgleich der Wand­­elemente untereinander eine umlaufende Richtschwelle aufgebracht, die vollflächig druckfest zum Beispiel mit Fermacell Quellmörtel unterfüttert wird (detaillierte Beschreibung dazu in der Ausgabe dach+holzbau 3.2014). Anschließend kann die Montage der Elemente erfolgen.

Nachdem die erste Außenwand auf der Bodenplatte abgesetzt und vormontiert ist, kann das zweite Element versetzt werden. Beide Wandtafeln werden im Detail luftdicht miteinander verbunden und sind für die Statik ausreichend zu verschrauben. Wichtig: Jede aussteifend wirkende Wandtafel im Holzbau muss an den beiden Endpunkten in der Gründung ausreichend auf Zug verankert werden.

In unserem Beispiel treffen zwei dieser Endpunkte aufeinander. Wenn hier nur ein Wandanker (mit Schwerlastanker) für beide Tafelelemente gesetzt werden kann oder soll, ist die Verschraubung in der Regel mit diagonalen Schraubenkreuzen auszuführen. Oft sind, weil Mindestabstände nicht eingehalten werden können, zwei Wandanker bautechnisch nicht ausführbar. Entsprechende Angaben sollten Teil des Aussteifungskonzeptes des Holzbauwerkes sein. Die Angaben dazu kommen vom beauftragten Tragwerksplaner, ebenso wie die Hinweise zu den einzusetzenden Wandtafelverankernungen (Zuganker LTT, HTT 16/22) beziehungsweise  richtigen Schwerlastanker (Hersteller Fischer / Hilti / Upat, etc.).

Luftdichter Anschluss

Sobald die Wandelemente stehen, miteinander ­verbunden und statisch verschraubt sind, wird der wind- und luftdichte Anschluss mit bereits werkseitig vorbereiteten, dichten Folien ausgeführt. Der angestrebte Luftdichtigkeits-Standard ist abhängig von der Energieeffizienz des Gebäudes. So erfordert ein Passivhaus (n50 Wert < 0,6 h-1) eine besonders sorgfältige Abdichtung zwischen den verschiedenen Bauteilen und Anschlüssen. Entsprechend sollte für den Bau eines Passivhauses mindestens eine (dargestellt Abb. Seite 75) besser zwei zusätzlich eingelegte Folien geplant und ausgeführt werden. Die grundsätzlich beim Bau von Holzhäusern notwendigen Abdichtungsmaßnahmen mit Kompribändern oder Dichtprofilen sind hier für den abschließend anstehenden Blower Door Test mit dem geforderten Ergebniswert n50 < 0,6 h -1 nicht ausreichend. In jedem Fall gilt, je höher der angestrebte Energiestandard des Objektes, desto mehr Arbeitsenergie ist auf die Planung und Ausführung der Anschlussdetails zu verwenden (Luftdichtigkeit + optimale Wärmebrücken).

Installationsebenen konsequent planen

Eine wichtige Rolle kommt in diesem Zusammenhang der Planung und Ausführung der haustechnischen Installationen zu. Auch eine sehr gut geplante Luftdichtigkeits-Ebene verliert ihre Funktion, wenn sie permanent und „ungeplant“ in der Fläche von Durchbrüchen perforiert wird. Sowohl das Einschneiden und Bohren in tragenden Holzbauteilen für die Statik, als auch das nicht geplante Durchdringen der luftdichten Ebene sollte im Holzbau unbedingt vermieden werden.

Es mag im Einzelfall auch für Außenwände sinnvoll sein, in Bereichen mit umfangreichen Haustechnik-Installationen Teilbereiche für Leitungsführungen vorzusehen. Hier obliegt es dem geschickten Planer oder Architekten, definierte Zonen zum Beispiel für Steigschächte und Installationsebenen zu schaffen und diese klar abzugrenzen. So kann die technische Gebäudeausrüstung auf der Baustelle unabhängig von der luftdichten Gebäudehülle ausgeführt werden. Dabei können auch nachträgliche Änderungen oder Erweiterungen einfach ergänzt werden. Einfacher und weniger problemanfällig ist es auch, die haustechnischen Anlagen in den Innenwänden oder im Bodenaufbau zu verlegen.

Mit der konsequenten Planung der Haustechnik in dafür vorgesehenen Zonen kann für die Bauherrschaft Raum und Baugeld eingespart werden. Gleichzeitig führt dies – insbesondere bei komplexen Anlagen – zu einer erheblichen Verkürzung der Bauzeiten. Die Ausführungsqualität wird in der Regel deutlich verbessert.

Autor

Leon Wenning ist Produktmanager für den Anwendungsbereich Holzbau bei der Fermacell GmbH in Duisburg.
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