Lernen im gesunden Umfeld

Eine Grundschule wurde in Passivhaus-Bauweise mit vorgefertigten Holzrahmenwänden erstellt. Die Innenwandbeplankung aus Gipsfaserplatten soll über eine spezielle Beschichtung Schadstoffe aus der Raumluft aufnehmen und in unschädliche Stoffe umwandeln.

Rückläufige Schülerzahlen und die notwendige Realisierung neuer pädagogischer Konzepte verändern derzeit die Schullandschaft. Oft kann in den bislang vorhandenen Strukturen ein sinnvoller Unterricht nicht mehr gewährleistet werden. Vielerorts werden daher kleinere Schulen geschlossen und die Kinder in regionalen Schulzentren zusammengefasst.

Um für die neuen Anforderungen gewappnet zu sein, hat die Kommune in Marklohe das alte, aus den 50er Jahren stammende Schulgebäude abgerissen. An die Stelle des traditionellen Massivbaus aus Klinkern trat ein modernes Gebäude in Mischbauweise mit einer Bruttogrundfläche von 2850 m², das Passivhaus-­Anforderungen erfüllt. Während sämtliche tragenden Elemente massiv in Stahlbeton oder Kalksandstein ausgeführt sind, wurden die Fassaden in Holzrahmenbauweise erstellt. Die raumseitige Beplankung der Holzrahmenelemente erfolgte mit speziellen Gipsfaser-Platten, die einerseits die notwendige hohe Stabilität bieten und andererseits durch eine beidseitige Beschichtung Schadstoffe aus der Raumluft aufnehmen und dauerhaft in unschädliche Stoffe umwandeln. Insgesamt rund zehn Prozent höhere Baukosten für die Ausführung in Passivhausstandardbauweise wurden von der Bauherrin, der Kommune Marklohe, akzeptiert, da davon ausgegangen wird, dass sich die Mehrkosten schnell infolge dauerhafter Energieeinsparungen amortisieren.

Freiräume für pädagogische Konzepte

Um Freiräume für pädagogische Konzepte zu schaffen, wurde das Gebäude als „offene Schule“ konzipiert mit großzügig bemessenem Flur, Flächen und Lernnischen. Ein mit der Kinderküche kombinierter Bastelraum, ein Multifunktions- und Musikraum sowie die Bibliothek ergänzen das Raumprogramm und bieten die Möglichkeit zu individueller Förderung. Hinzu kommen die notwendigen Verwaltungsbereiche und Lehrerzimmer sowie ein Extra-Büro für einen Sozialpädagogen.

Große Flure nehmen Rücksicht auf den Bewegungsbedarf von Kindern. Sie sind mit entsprechend möblierten Lernnischen ausgestattet, die klassenübergreifend für Unterrichtszwecke genutzt werden können. Große Fensterelemente transportieren dabei viel Tageslicht ins Innere.

Es stand jedoch nicht nur die kindgerechte Ausstattung im Vordergrund: Akustikdecken und die Installation sogenannter Acustic-Wall-Panels dämpfen Geräusche. Schalldämmende Vorteile ergaben sich außerdem durch die im Vergleich zu anderen Gipsbaustoffen höhere Rohdichte und biegeweichere Plattenstruktur der greenline Gipsfaser-Platten von Fermacell, mit denen die Wandkonstruktionen raumseitig beplankt wurden.

Brandschutzkonzept – F30-B war gefordert

Um die Flure in das pädagogische Konzept einbeziehen zu können, hat Architekt Michael Klein ein spezielles Brandschutzkonzept entwickelt. Demnach sind alle Klassenräume so angeordnet, dass jeder seinen eigenen Ausgang hat. Die Schüler, die im Erdgeschoss lernen, können bei Gefahr direkt in den Garten ausweichen, für die Klassen der oberen Etage ist der Weg nach draußen über eine freistehende Balkonkonstruktion mit Treppe gewährleistet. Gleichzeitig übernehmen Lichtsheds im Dach die Funktion der Entrauchung.

Als Gebäude niedriger Höhe (entsprechend der niedersächsischen Bauordnung) muss der zweigeschossige Bau die Anforderungen der Brandschutzklasse F30-B erfüllen. Durch die mit 15 mm dicken greenline Gipsfaser-Platten (Baustoffklasse A2 nichtbrennbar gemäß DIN-EN 13501-1) ausgeführten Wandkonstruktionen konnten diese Brandschutzanforderungen erfüllt werden. Denn bereits bei einer Plattendicke von 10 mm sind mit der greenline-Platte Feuerschutzkonstruktionen von F30 bis F120 möglich. Damit ist sichergestellt, dass eine Brandausbreitung ausreichend lange begrenzt wird.

Hoher Vorfertigungsgrad

Sämtliche Fassadenelemente wurden in den Werkhallen der Zimmerei Sieveke GmbH mit maximalem Vorfertigungsgrad produziert. „Die Gemeinde“, erinnert sich Architekt Klein, „stand der elementierten Holzbauweise von Anfang an positiv gegenüber, weil damit zum einen eine kurze Bauzeit und zum anderen der Einbau im trockenen Zustand sichergestellt werden konnte.“ Probleme, die beim Bau von Passivhaus-Fassaden sonst häufig auftreten, wie etwa Feuchtigkeit, die in die Dämmung eindringt, konnten so von Anfang an ausgeschlossen werden. „Die Anzahl der Montageschritte vor Ort ist verringert, zudem der Betreuungs- und Prüfungsaufwand“, bestätigt Ferdinand Hartke, der als Projektleiter das Bauvorhaben betreute.

Um die hohen Passivhaus-Anforderungen zu erfüllen, wurden in der Zimmerei zunächst die CAD-Planung des Architekten sowie die Haustechnik- und Tragwerkplanung in eine 3D-Konstruktionsplanung übernommen. Entsprechend den Anforderungen, die an Passivhaus-Konstruktionen gestellt werden fanden dabei vor allem die 3D-Daten des von Sieveke erstellten tachimetrischen Aufmaßes (damit wurden die für die Elementkonstruktion notwendigen Rohbaumaße geprüft), Berücksichtigung. Denn im Fassadenbereich wurden sämtliche Elemente vor den tragenden Massivbau gestellt. Durch die Umsetzung der Architektenplanung in eine 3D-Werkplanung ließen sich aber selbst komplexe Wandgeometrien exakt planen und später millimetergenau vorproduzieren.

Montage „just in time“

Die fertigen Wandelemente wurden just-in-time per Tieflader angeliefert und lediglich mechanisch befestigt. Die Endmontage auf der Baustelle erfolgte mit eigenen Mitarbeitern und eigenem Krangerät.

Insgesamt benötigte die Vorfertigung sämtlicher Wandelemente im Werk mit sechs Mitarbeitern etwa zwölf Wochen. Die Montage der 140 Elemente vor Ort war schließlich nach weiteren zwölfWochen abgeschlossen.

Luftdichte Gebäudehülle, trotzdem wohngesund

Der raumseitige Abschluss der Wände erfolgte durch die Beplankung mit der Fermacell greenline Gipsfaser-Platte in 15 mm Dicke. Sie bindet die VOCs (engl. volatile organic compound) – also flüchtige organische Verbindungen – aus der Raumluft und neutralisiert sie dauerhaft. Dies funktioniert auch unter Oberbelägen, am besten unter diffusionsoffenen Anstrichen und Wandbelägen. Zur Aussteifung wurden OSB Platten (15 mm) eingesetzt, die Dämmung im Wandhohlraum erfolgte mit Zellulose-Einblasdämmung (30 cm). Insgesamt verfügt der Wandaufbau über eine Dicke von 453 mm und erreicht U-Werte zwischen 0,11 und 0,15 W/m²K.

Die greenline Gipsfaser-Platten (die greenline-Platte bindet über eine spezielle beidseitige Beschichtung mit einem natürlichen Wirkstoff, der auch in der Schafwolle vorkommt, Schadstoffe und störende Gerüche aus der Raumluft) wurden direkt auf der Unterkonstruktion befestigt.

Um die für Passivhaus-Konstruktionen geforderte luftdichte Gebäudehülle zu erreichen, wurden während der Vorfertigung sämtliche Plattenstöße innerhalb der Elemente verklebt. Bei der Montage vor Ort wurden außerdem alle Elementstöße und -ecken sorgfältig von innen und außen sowie zusätzlich sämtliche Elemente auf der Sohle – ebenfalls von innen und außen – abgeklebt. Die Verwendung einer Zellgummidichtung in Schlauchform erhöht die Luftdichtigkeit zusätzlich. Der Einbau der Kunststofffenster und Aluminiumtüren (3-fach Verglasung, U-Wert 0,7 W/m²K) erfolgte mit Multifunktionskompriband.

Die Südfassade ist als Pfosten-Riegel-Konstruktion im Passivhausstandard ausgeführt (3-fach Verglasung, U-Wert [Glas]= 0,5 W/m²K). Ebenso wurden Teilflächen der übrigen Fassaden als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführt. Diese Flächen wurden in die von Sieveke vorgefertigten Holztafelelemente integriert und fertig verglast auf die Baustelle geliefert.

Vor dem endgültigen Innenausbau wurde abschließend eine Luftwechselrate von n=0,3/h, nach Fertigstellung sogar von n=0,2/h gemessen. Damit wurde ein Wert erreicht, der weit unter den geforderten Richtwerten für Passivhaus-Konstruktionen liegt.

Autorin

Rita Jacobs ist Baufachjournalistin und hat ein Büro für Public Relations und Kommunikation in Düsseldorf.

Die Gipsfaserplatten bieten eine hohe Stabilität, zudem nehmen sie Schadstoffe aus der Luft auf

Mit der 3D-Werkplanung ließen sich komplexe Wandgeometrien exakt planen und später millimetergenau vorproduzieren

Der Wirkmechanismus der greenline-Platte

Verantwortlich für den Reinigungseffekt ist ein spezifisches Molekulargemisch auf Keratinbasis, das in Form einer beidseitigen Grundierung der Platten wirkt. Keratin ist ein wichtiger Bestandteil der Schafwolle. Von Schafwolle ist die positive und lang anhaltende schadstoffmindernde Wirkung bekannt. Im ersten Schritt lagern sich dabei Schadstoffmoleküle wie Aldehyde und Ketone an der Oberfläche lose an (Physisorption, reversibel), um dann – auch durch Oberbeläge hindurch – in tiefere Schichten einzudringen (Diffusion). Hier werden sie dauerhaft chemisch gebunden und umgewandelt (Chemisorption, irreversibel), so dass sie anschließend nicht wieder an die Raumluft abgegeben werden können.

Bautafel (Auswahl)

Objekt Neubau Grundschule in Passivbauweise mit Mensa

Investor/Bauherr Samtgemeinde 31608 Marklohe

Bauweise Mischbauweise, Massivbau mit Fassade in vorelementierter Holzrahmenbauweise

Planung/Brandschutzkonzept    Architekturbüro Dipl. Ing. Michael Klein, 31608 Marklohe

Vorfertigung/Montage Zimmerei Sieveke GmbH, 49393 Lohne (Oldenburg)

Produkt 800 m² Fermacell greenline Gipsfaser-Platte 15 mm

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