Kernsanierung mit Holzanbau

Marc Kaiser ist gelernter Zimmerer und Bauingenieur sowie geschäftsführender Gesellschafter eines Bauunternehmens in Beckingen. Er hat ein stark sanierungsbedürftiges Reihenendhaus erworben. Der Bauherr und Zimmerer schilderte der dach+holzbau-Redaktion die komplette Sanierung des Gebäudes.

Das Wohngebiet „Am Homburg“ ist eine in den 1960er Jahren entstandene Wohnsiedlung in Saarbrücken. Hier findet seit ein paar Jahren ein Generationenwechsel statt. So ist eine interessante Mischung entstanden aus alten und jungen Menschen, die in Bestandgebäuden, sanierten Häusern und Neubauten leben. Einige Käufer sanieren umfangreich, andere wiederum nur das Notwendigste.

Den Charme der Knobelsdorffstraße macht die geradlinige und standardisierte Bebauung aus. Jeweils beidseitig zur Erschließungsstraße münden kurze schrägverlaufende Stichstraßen ein. Damit sind die Grundstücksgrenzen schräg angeschnitten, die Gebäude (Reihenhäuser) folgen den Grenzen, womit sich eine Art Sägezahnmuster ergibt. Das zeichnet sich durch die ansteigende Geländeform auch bei den Dächern ab. Die Siedlungshäuser wurden ab 1954 erbaut,  das zu sanierende Reihenendhaus 1959. Die Bauausführung und Merkmale unterliegen einem starken französischen Einfluss. Sie wurden überwiegend von grenznahen französischen Bauunternehmen erbaut. So flossen einige französische Elemente ein, wie zum Beispiel Türöffnungsmaße von 80 x 205 cm, andere Türzargen, andere Mauersteinformate oder Schlackensteine als Innenwände.

Vermarktung und Planung

Das Objekt hat Marc Kaiser im Dezember 2012 erworben, der Bauherr und Zimmerer fand das Gebiet von seiner sozialen und baulichen Struktur interessant. Das Ziel war, verschiedene ökologische Bauverfahren und Konzepte auszuprobieren. Seine Arbeitsthesen waren zum Beispiel: „Geht WDVS auch ohne EPS?“ oder „Wie erstellt man eine folienfreie Dachsanierung mit Holzfaserdämmung?“ Die Sanierung sollte modern sein, ohne den typischen Charakter der umliegenden Bebauung zu ändern.

Dann wurde geplant und kalkuliert. Um nicht am Markt und den Mieterbedürfnissen vorbei zu sanieren, erstellte Kaiser im Dezember 2013 ein Exposé: einmal mit und einmal ohne Anbau und mit Schwerpunkt auf ökologischen Baustoffen. Die Annahme nach einer starken Nachfrage zur Verwendung von wohngesunden Baustoffen bestätigte sich. Die Mieterwünsche hinsichtlich der Raumkonzeption wurden aber zunächst falsch eingeschätzt. Deshalb wurde das Raumkonzept im ersten Obergeschoss stark verändert und an die Mieterwünsche angepasst.

Nach Abschluss der Anfragen und Einigung mit den Mietern wurde umgeplant. Die Bedürfnisse der Mieter konnten größtenteils berücksichtigt werden. Im Februar 2014 beantragte Marc Kaiser die Fördermittel für die Sanierung und die ökologischen Baustoffe  (KfW- und KlimaPlusSaar-Fördermittel). Nach Erteilung des Zuwendungsbescheides stellte er im März 2014 den Bauantrag nach vereinfachten Verfahren.

Verzögerungen im Bauablauf

Die Baugenehmigung wurde Mitte April 2014 erteilt, dann begannen die Handwerker mit einigen Abbrucharbeiten und den Rohinstallationen. Anfang Juni begannen die Gründungsarbeiten für den Holzanbau, die umfassenden Gebäudeabbrüche und die Kellertrockenlegung. Während der Freilegung
der Bausubstanz zeigte sich, dass die statischen ­Annahmen nicht ganz dem Bestand entsprachen. Einige angenommene statische Systeme mussten geändert und neu berechnet werden. Das dauerte bis Ende Juni. Die Handwerker brachten umfangreiche Abfangungen an, wodurch sich der Bauablauf – auch durch die zeitversetzten Betriebsferien verschiedener

Handwerker – stark verzögerte.

Die Dachsanierung am Bestandsbau folgte im Juli. In diesem Monat wurde auch der Holzanbau aufgestellt, Innenwände gestellt, neue Fensteröffnungen vorgenommen und die Fenster montiert. Auch für die Kellerdeckendämmung war noch Zeit.

Das WDVS aus Holzfaserdämmstoff für den Anbau und den Bestand montierten die Handwerker dann von August bis Anfang November, gerade noch rechtzeitig, bevor es vollends kalt wurde. Bis Anfang September waren die Elektro-, Heizungs- und Sanitärinstallationen fertig gestellt.

Fliesen- und Spachtelarbeiten folgten. Letztendlich war das Objekt Anfang Oktober bezugsbereit und die Mieter zogen in den Herbstferien in die neuen Räume ein, noch bevor weitere Arbeiten anstanden. Die Terrasse (Stahl- und Holzbau) wurde noch gefertigt, die Handwerker brachten die Fassadenschalung am Anbau an und montierten die Treppenstufen. Im Januar 2015 folgten Außenarbeiten, die überwiegend in Eigenleistung getätigt wurden und bis April andauerten.

Das Sanierungskonzept  

Gemäß den Richtlinien der bewilligten KfW und KPS-Fördermittel (Klima Plus Saar) mussten das Steildach und das Bestandsmauerwerk auf einen U-Wert von mindestens 0,20 W/m²K ertüchtigt werden. Desweiteren benötigten alle Dämmstoffe für die energetische Ertüchtigung des Bestandes entsprechend den KPS-Richtlinien das „NaturePlus“-Siegel.

Hierzu wurde der komplette Dachaufbau bis auf das Gebälk abgebrochen. Dann wurde die Abschleppung für die Wohnraumnutzung des ehemaligen Balkons hergestellt. Marc Kaiser entschied sich für einen folienfreien Dachaufbau mit innen- und außenseitiger Holzweichfaserplatte und einer Gefachedämmung mit Zellulose-Einblasdämmung. Der luftdichte Anschluss innen wurde an den angrenzenden Bauteilen wie Giebel, Innenmauerwerk und Traufe mit Fensterdichtbändern („Teroson TC1000“ von Henkel) ausgeführt. Die aufgebrachte Kratz- und Gewebespachtelung sowie der Scheibenputz wurden an den angrenzenden Bauteilen mit einem Schattenfugenprofil ausgeführt.

Neuer Dachaufbau mit U-Wert von 0,18 W/m²K

3 mm Scheibenputz

8 mm Kratz- und Gewebespachtelung mit „Knauf SM 700 Pro“

60 mm Holzweichfaserplatte „Multitherm 140“ (best wood Schneider GmbH)

140 mm Gefachdämmung mit Zellulose-Einblasdämmung (Thermofloc)

40 mm Holzweichfaserplatte „Multitherm 140“ (best wood Schneider GmbH)

Die „Abschleppung“ mit Dachbruch (oder Dachknick) ändert die Dachneigung und verlängert das Dach des Wohnhauses über den zum Wohnraum umgenutzten Balkon. Die Abschleppung wurde innen und außen mit Holzweichfaserplatten versehen, dazwischen wurden die Gefache mit 200 mm Zellulose gedämmt, wodurch ein sehr guter U-Wert von 0,15 W/m²K erreicht wurde.

Holzweichfaser-WDVS auf Bestandsmauerwerk

Bei der vorhandenen gestrichenen Fassade mit Kalkputz auf kleinformatigen Hochloch-Ziegelsteinen mussten erst die Hohlstellen abgeschlagen und mit einem Dampfstrahlgerät gesäubert werden. Dann verklebten die Handwerker die 200 mm dicken Holzweichfaserplatten gemäß Herstellerangaben im Punkt-Wulst-Verfahren an der Fassade und befestigten sie zusätzlich mit Dübeln. Danach wurde eine etwa 8 mm Kratzspachtelung sowie 3 mm Gewebespachtelung mit einem mineralischen Putz aufgebracht. Der Putz wurde frisch in frisch aufgetragen und im Besenstrichmuster abgezogen. Abschließend trugen nach dem Austrocknen die Stuckateure den auf Silikatbasis hergestellten Anstrich auf.

Umnutzung des ehemaligen Balkons

Die zur Umnutzung des Balkons zum Wohnraum benötigte Außenwand wurde mit einer Brettsperrholzwand (100 mm) mit außenseitiger Holzfaserdämmplatte (200 mm) und Putzfassade ausgeführt. Hierbei wurde die Decklage längs gewählt, damit die BSP-Wand statisch als Einfeldträger mit Kragarm fungieren kann. Diese wurde vor die Betondecke des Balkons sowie auf einer Stahlstütze auf der etwa 1,2 m zurückspringenden Kellertreppenstützwand und der BSP-Giebelwand des Anbaus aufgelegt.

Kellerdecke mit PU-Dämmung

Aufgrund der geringen Geschosshöhe des Kellergeschosses und dem Abhängen der Neuinstallationen für Heizung und Sanitär konnte die Kellerdeckendämmung nur mit einer PU-Dämmung ausgeführt werden. Die Wahl fiel auf das „Linitherm PAL KD“-System mit H-Profil in 100 mm Dicke. Hierbei wurden die Platten von den Monteuren mittels Metallkrallen an die Decke befestigt, die angrenzende Platte hält mittels H-Profil und vorprofilierter Nut in den Platten. So konnte die spätere Verklebung der Stöße entfallen und es entsteht eine ansprechende Optik. Zudem befestigten die Handwerker zur Minderung der Kältebrücke senkrecht eine Plattenbreite an den Außenwänden sowie eine Plattenlänge an den Querwänden. Die Decken-Wandfuge sowie die Unebenheiten der verputzten Wände wurden mit PU-Schaum geschlossen. So kann keine zirkulierende Luft hinter die Platten strömen und zu Wärmeverlusten und Tauwasseranfall führen. Mit einem U-Wert von 0,22 W/m²K konnte der geforderte Wert von 0,25 W/m²K sogar noch verbessert werden.

Der schwebende Anbau

Der geplante giebelseitige eingeschossige Anbau sollte „schwebend“, das heißt ohne Verbindung zum Boden und zum Bestand ausgeführt werden. Hierzu wurden von zwei Stahlträger parallel zum Giebel auf Punktfundamente gelegt. Die unterseitig mit Holzweichfaserplatten gedämmten Brettsperrholzelemente wurden dann quer auf die Stahlträger aufgelegt.

Die tragenden Giebelwände der Anbauten aus Brettsperrholz mit Decklage längs stehen nicht auf den Deckenelementen. Sie stehen direkt auf den Stahlträgern und fungieren somit als Ein-Feld-Träger. Die übrigen Wandelemente wurden mit BSP Decklage quer ausgeführt und auf die BSP-Decke aufgesetzt und befestigt.

Das Flachdach wurde mit BSP-Deckenelementen als Ein-Feldträger mit Spannrichtung parallel zum Bestand verlegt. Außermittig zogen die Handwerker noch einen Stahlträger ein, das war aufgrund der neun Meter Spannweite des Giebels notwenig. Dieser ruht auf dem Brettsperrholzelement und beim Anbau auf einer Stahlstütze auf der BSP-Decke direkt über der Stahl-Abfangung und dem Einzelfundament.

Die Verklebung zur Luftdichtigkeit zwischen den Wand-und Deckenelemente sowie der Wandstöße erfolgte mit Dichtbändern („Trelleborg ST“). Die Luftdichtigkeit mit der geplanten Fuge zum Bestand wurde mit „Teroson TC1000“ Fensterdichtbändern hergestellt.

Für den allseitigen Dachüberstand von etwa 600 mm zuzüglich Dämmstärke von 200 mm montierten die Handwerker Furnierschichtholz-Platten (FSH) mit 40 mm Dicke. Die Abdichtung des Flachdaches erfolgte mit einer kaltselbstklebenden Dampfsperre direkt auf der BSP-Decke. Hierauf folgte eine 180 mm Holzweichfaserplatte beziehungsweise 140 mm auf der Furnierschichtholz-Platte. Abschließend konnte eine EVA-Abdichtungsbahn verlegt und mit einer Bautenschutzmatte und Grobsplittstreifen beschwert werden. Die Untersicht der Auskragung wurde – gleich wie die Optik der Terrasse – mit den profilierten Dielen aus Lärche abgehängt.

Mehr Anreizprogramme wären nötig

Weitere Zuschüsse oder die Möglichkeit für Sonderkredite bei der Verwendung von ökologischen Materialien wären nötig, um ökologisches Bauen weiter vorwärts zu bringen. Die Fördermittel der KPS haben in etwa die Mehrkosten des Holzfaser-WDVS im Vergleich zur konventionellen Dämmung ausgeglichen: Außendämmung 16,87 Euro/m², Dämmung Schrägdach: 13,5 Euro/m2, Fenster: 22,5 Euro/m2.

Das Förderprogramm, das leider Ende 2014 eingestellt wurde, galt nur für die Sanierung, nicht aber für den Neubau.

Autor

Marc Kaiser ist gelernter Zimmerer und Diplom-Ingenieur (FH) im konstruktiven Hochbau. Er ist Geschäftsführer der Günther Kaiser GmbH & Co.KG.

Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Ziel war es, beim Bau verschiedene ökologische Materialien und Bauverfahren einzuschließen

Um die Verwendung von ökologischen Materialien zu unterstützen, wäre ein Förderprogramm wünschenswert

Wandaufbau (WDVS) auf Mauerwerk

5 bis 30 mm Klebemörtel „Knauf SM 700“
200 mm Holzweichfaserplatte „Wall 140“ (best wood Schneider GmbH)
8 mm Kratzspachtelung „Knauf SM 700“
3 mm Gewebespachtelung „Knauf SM 700“
6 bis 8 mm mineralischer Oberputz „Knauf SM 700“ mit Besenstrich-Struktur
Anstrich mit „Caparol Sylitol Finish 130”

Bautafel / Baudaten (Auswahl)

Projekt Sanierung Reihenendhaus mit Holzanbau,

66123 Saarbrücken                   

Planung / Architekt Bauherr Marc Kaiser, CAD Weber, Architekt Braun-Hübsch

Zimmerer- und Dachdeckerarbeiten       

Günther Kaiser GmbH & Co KG, Bauunternehmung – Zimmerei – Bedachung, 66701 Beckingen

Umbauter Raum / Flächen     

Anbauten ca. 148,80 m3/ ca. 47,51 m2

Bestandsumbau ca. 566,73 m3/ ca. 121,41 m2

Gesamtkosten ca. 300 000 Euro (brutto)

Energieverbrauch

Bestand: Endenergiebedarf 263,5 kWh/m²a,

Primärenergiebedarf 319,7 kWh/m²a            

nach Sanierung: Endenergiebedarf 74,7 kWh/m²a,  Primärenergiebedarf 105,8 kWh/m²a

Baudaten des Anbaus

Bodendecke

15 mm Fliesen

Entkopplungs- und Abdichtungsfolie, „Schönox AB“

20 mm Fermacell-Estrichelement

120 mm Brettsperrholz, 3-lagig, BinderHolz

140 mm Holzweichfaserplatte „Multitherm 140“, best wood Schneider GmbH

Wand

12 mm Gipskartonplatte

100 mm Brettsperrholz, 5-lagig, Decklage quer bzw. längs, BinderHolz

200 mm Holzweichfaserplatte „Wall 140“, best wood Schneider GmbH

8 mm Kratzspachtelung, „Knauf SM 700“

3 mm Gewebespachtelung, „Knauf SM 700“

6 bis 8 mm mineralischer Oberputz, „Knauf SM 700“ mit Besenstrich

Anstrich mit Caparol „Sylitol Finish 130“

Flachdach

160 mm Brettsperrholz, 5-lagig, Si-Qualität, Binderholz

5 mm Dampfsperre Bauder „Tec KSD“

180 mm Holzweichfaserplatte „Top140“, best wood Schneider GmbH

1,5 mm Alwitra „Evalon V“

8 mm Bautenschutzmatte

Grobsplitt 60-120 mm

Auskragung

27 mm Terrassendiele „Floris“, Lärche, Velawood Beinbrech

60 mm Unterkonstruktion Fichte-Tanne-Latten

40 mm Furnierschichtholz „Kerto Q“, MetsaWood

140 mm Holzweichfaser-Platte „Multitherm 140“, best wood Schneider GmbH

1,5 mm Alwitra „Evalon V“

8 mm Bautenschutzmatte, Grobsplitt 60-120 mm

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