Immer das richtige Gefälle

Nicht immer passt die Dachneigung. Viele knifflige Bedachungssituationen lassen sich mit Stufendächern meistern. Die Treppenstufen werden mit dem Werkstoff Walzblei verkleidet und abgedichtet. Diese Methode erfordert allerdings etwas handwerkliches Geschick und Können.

Manchmal treibt das Dachgefälle Handwerkern Schweißperlen auf die Stirn. Einmal ist die Dachneigung extrem flach oder es tritt ein Gefälleversatz auf. Gerade flache Dachflächen und Knotenpunkte sind sensibel. Ist das Gefälle zu gering, können sich Pfützen bilden und die Verwahrung bei Frost Schaden nehmen. Obendrein geht der Selbstreinigungseffekt der Dachdeckung verloren und es kommt zu Vermoosung. Die Folge: Schnell treten Alterungs- und Feuchtigkeitsschäden auf. Die Lösung ist eine Mindestneigung und der Einsatz eines langlebigen Deckwerkstoffes.

Für flache und vielgliedrige Dächer eignet sich der Werkstoff Walzblei. Die Einsatzfelder reichen von Flachbauten über Rundgänge und Rinnen bis hin zu komplizierten Dachlandschaften und Staffeldächern. Das Grundprinzip ist einfach: Dachflächen mit einer Neigung von weniger als 10 Grad werden prinzipiell als Stufendach ausgeführt, es sei denn die Bedachung kann mit einer Scharlänge ausgeführt werden. Die Stufentechnik eröffnet Handwerkern weitreichende Anwendungsmöglichkeiten. So lassen sich viele knifflige Bedachungssituationen flexibel und sicher verwahren.

Klare Konstruktionsregeln für die Stufen

Bei der Konstruktion der Stufen sind einige Grundregeln zu beachten, die eine fachgerechte Ausführung sicherstellen. Die einzelnen Stufen sollten eine Mindestneigung von 7 Grad haben. Die letzte Stufe muss ein Gefälle von mindestens 3 Grad vorweisen. Die Wahl der Stufenlänge und Stufenhöhe hängt maßgeblich von den örtlichen Gegebenheiten ab. In der Praxis hat sich eine Stufenhöhe von mindestens 50 mm bei senkrechtem Anschluss und von mindestens 75 mm bei geneigten Trittstufen bewährt.

In Kenntnis dieser Grundregeln wird zunächst eine Stufenkonstruktion aus Holz angelegt. Als Deckunterlage kommt wahlweise Vollholz oder Sperrholz in Betracht. Bei Vollholzschalungen kommen ungehobelte, besäumte Nadelholzbretter mit einer Dicke von mindestens 30 mm zum Einsatz. Schalungen aus Sperrholz sollten eine Dicke von mindestens 24 mm besitzen. Damit aus angrenzenden Bauteilen oder Baustoffen keine Feuchtigkeit in die Konstruktion eindringen kann, ist eine bitumenfreie Trennlage einzubauen.

Maße und Dicken beachten

Jetzt können die Bleiarbeiten starten. Für Stufendächer beträgt die Dicke der Blei-bleche mindestens 2,5 mm, gegebenenfalls sind auch 3,0 mm sinnvoll. Beim Zuschneiden der Bleischare sind die zulässigen Höchstformate für die gewählte Materialdicke zu beachten, um temperaturbedingte Längenänderungen nicht zu behindern. Bei einer Materialdicke von 2,5 mm beträgt die maximale Scharbreite 590 mm und die maximale Scharlänge 2050 mm. Eine Materialstärke von 3,0 mm erlaubt größere Formate, bis zu einer Breite von 620 mm und einer Länge von 2350 mm. Für Stufenrinnen ist grundsätzlich eine Materialdicke von 3,0 mm zu wählen.

Stufe für Stufe

Die Einkleidung beginnt meist am Tiefpunkt und wird aufsteigend durchgeführt. Zunächst wird die nächst höhere Stufe an der vorderen Kante um 25 bis 30 mm ausgeklinkt. Die obere Kante des Bleiblechs wird am ausgeklinkten Bereich mit ein bis drei Nagelreihen direkt befestigt. Je größer die Platten, desto mehr Nagelreihen sind ratsam. Die einzelnen Stifte werden versetzt im Abstand von rund 50 mm angebracht. Sie dürfen die Innenseite der Schalung nicht durchdringen. Die Nagelköpfe werden abschließend zugeschweißt oder zugelötet.

Die untere Kante des Bleiblechs wird indirekt befestigt, so dass eine ungehinderte Längenänderung erfolgen kann. Für Bauteile mit geringer Wind- und Wetterexposition hat sich die einfache Überlappung, gegebenenfalls mit Haft, bewährt. Für mehr Stabilität sorgt ein eingehängter Querstoß mit durchlaufendem aufgeschweißtem Bleihaft. In windexponierten Lagen sollte der Querstoß sicherheitshalber mit Kupferhaften genagelt werden.

Die einzelnen Bleischare werden gefaltet und mit Treibwerkzeugen präzise der Stufenkonstruktion angepasst. Jede Schare ummantelt nach Möglichkeit die gesamte Stufenlänge und die Stirnseiten der angrenzenden Stufen. Die Aufkantung zur nächsten höher gelegenen Stufe sollte stets als wasserdichte Verbindung ausgeführt werden. So kann die Konstruktion bei einem geringfügigen Rückstau keinen Schaden nehmen.

Der Hochpunkt kann auf unterschiedliche Weise konstruiert werden. Weit verbreitet ist ein quer verlaufendes Wulstholz mit einer Abdeckkappe aus Walzblei. Alternativ kommt auch eine Stufenschar mit Gefälle nach beiden Seiten in Betracht. Bei einem direkten Anschluss an ein Ziegeldach ist eine Dreikantleiste erforderlich.

Maximale Stabilität

Die Längsverbindungen für Stufendächer werden häufig mit dem einfach liegenden Falz ausgeführt. Der Falz sollte 30 bis 50 mm breit sein. Das Ergebnis ist ein flächiges, wenig profiliertes Aussehen. Alternativ kommt eine Verbindung mit Holzwulsten in Betracht. Das eingelegte Wulstholz betont die Verbindung und stabilisiert sie zugleich. Der Holzkern ist etwa 40 bis 45 mm breit. Er ist an der oberern Hälfte halbkreisförmig gerundet und verjüngt sich nach unten beidseitig um etwa 10 mm.

Längsverbindungen werden üblicherweise mit Haften auf der Deckunterlage befestigt. Die Befestigungen dürfen die Bewegungsfreihet der Bleischare nicht einschränken. Da die Längsverbindungen aus den Aufkantungen der Schare gebildet werden, sind im Überlappungsbereich keine Hafte erforderlich. Als zusätzliche Stabilisierung gegen Windsoglasten kommen Mittenbefestigungen in Betracht.

Für die An- und Abschlüsse an angrenzende Bauteile sind erneut Treibarbeiten gefragt. So lassen sich Innenecken, Außenecken oder Wandanschlüsse so formen, dass sie sich präzise den Gegebenheiten anpassen. Mit etwas Übung bleibt dabei die Materialdicke stets konstant. Alternativ können die Anschlüsse auch mittels Bleischweißen realisiert werden. Die Ausführungen sind qualitativ gleichwertig.

Grundfertigkeiten rund um Walzblei gefragt

Für Spalten und Fugen greifen Handwerker gerne auf Bleiwolle zurück. Der Werkstoff erweist sich als zuverlässiges und vor allem wartungsfreies Dichtungsmaterial. Bleiwolle eignet sich in besonderem Maße für Anschlussfugen. Im Vergleich zu Mörtel verfügt Bleiwolle über eine hohe Plastizität. Der Werkstoff nimmt die Bewegungen anderer Baustoffe auf und bildet eine homogen abdichtende Sperrschicht. Deshalb kommt das Material vor allem dann in Frage, wenn Metallbleche oder Überhangstreifen ins Mauerwerk eingeführt werden. Das Material wird durchlaufend in die Fuge getrieben und verstemmt. Das Ergebnis ist eine dezente und glatte Metallfuge.

Einen ansprechenden Gesamteindruck aller Ausführungen sichert der Einsatz von Patinieröl. Das Material beugt einer störenden Schlierenbildung vor und schützt die Bleiarbeiten bis zur Bildung der natürlichen Patina. Hierzu tragen Handwerker das Öl mit einem Baumwolltuch auf naturbelassene Bleiflächen auf. Werden einzelne Schare in der Werkstatt vorgefertigt, können sie hier gleich mit Patinieröl vorbehandelt werden.

Bei der Ausführung von Stufendächern sind alle grundlegenden Fertigkeiten rund um Walzblei gefragt. Dabei greifen typische Verarbeitungstechniken wie Treiben, Falzen, Schweißen und Befestigen ineinander. Insbesondere Knotenpunkte und Staffeldächer erfordern handwerkliches Geschick. Im Zweifelsfall sollte das „Handbuch für die Verarbeitung von Saturnblei“ zu Rate gezogen werden. Es beinhaltet langjährig erprobte Verarbeitungsrichtlinien, die eine fachgerechte Ausführung gewährleisten. Der vierte Teil des Regelwerks widmet sich umfassend der Ausgestaltung von Stufendächern. Das Handbuch wurde gemeinsam mit den Verbänden ZVDH und ZVSHK entwickelt und ist unter www.saturnblei.de zu bestellen.

Autor
Maximilian Hoh ist Fachautor bei der Agentur Conovo Media in Köln und zuständig für die Themen Immobilien, Bauen, Wohnen.
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