Holzmodulhäuser für Flüchtlinge in Hannover

In Hannover wurde im vergangenen Jahr eine Flüchtlingsunterkunft für rund 100 Menschen aus Holzmodulen gebaut. Die ersten Flüchtlinge sind bereits Mitte Februar eingezogen. Mittlerweile ist die Unterkunft voll belegt. Jörg Gronemann ist Bereichsleiter für Bauen im städtischen Gebäudemanagement in Hannover, er sagt:„Die Kosten der Modulbauten entsprechen denen vergleichbarer Stahlmodule. In diesem Fall lagen die Angebote sogar deutlich unter denen für Metallmodule.“ Die gesamten Baukosten für die Unterkunft liegen laut der Stadt Hannover bei rund 4,5 Millionen Euro. Seit Oktober wurde das Areal am Westschnellweg vorbereitet. Im Februar hat der Zusammenbau der Module begonnen, danach wurden die Laubengänge in Stahlbauweise davorgestellt. Im Innenhof gibt es Volleyball- und Basketballplätze sowie Bänke und Tische.

Die Flüchtlingsunterkunft besteht aus drei zweigeschossigen Wohnzeilen und einem zweigeschossigen Gemeinschafts- und Verwaltungsgebäude. Die Gebäude umschließen den gemeinsamen Hof. Die Wohnanlage hat 96 Einzelzimmer.

Die Wohnungen der Flüchtlinge bestehen aus jeweils drei bis fünf Zimmern. Zentraler Raum ist die Wohnküche. Statt Treppenhaus oder Flur gibt es im Erdgeschoss einen direkten Zugang von der Haustür zum Hof. „Das ist eine ganz bewusste architektonische Entscheidung, denn die Haustür ist der Ort, an dem sich nachbarschaftliches Leben am besten entfalten kann“, erläutert Architekt Kay Marlow vom Büro Mosaik Architekten BDA. „Die Bank vor der Haustür oder die vor die Haustür gestellten Stühle und Tische werden automatisch folgen, weil diese Muster den traditionellen Erfahrungen von Bewohnern und ihren Bedürfnissen zum Beobachten und zur Kontaktaufnahme entsprechen“, so Marlow weiter.

Die Wohnungen der Obergeschosse werden über einen Laubengang betreten, der gleichzeitig als Rettungsweg dient. Die Wohnmodule sind langfristig auch für andere Nutzer attraktiv. „Denkbar sind hier studentische Wohngemeinschaften oder Familien mit einem oder zwei Kindern. Für diese Nutzung wurde das neben der Wohnküche liegende Zimmer mit einer Doppeltür geplant, so dass es auch als Wohnzimmer genutzt werden kann“, sagt Jörg Gronemann.

Im Gemeinschafts- und Verwaltungsgebäude sind im Erdgeschoss ein großer Gruppenraum von 40 m², ein kleiner Gruppenraum von 20 m² sowie der Raum für den Pfortendienst. Im Obergeschoss befinden sich drei Büroräume für Sozialarbeiter und ein weiterer kleiner Gruppenraum von 20 m² Größe.

„Auch unter dem Aspekt einer längerfristigen Nutzung wurden die Gebäude in Holzmodulbauweise geplant, was eine industrielle und damit schnelle Bauweise ermöglicht hat“, unterstreicht Kay Marlow. Die Wohneinheiten setzen sich aus circa 2,70 Meter breiten und zwölf Meter langen Modulen zusammen, die den Lkw-Transportmaßen entsprechen. „Die Module werden weitestgehend im Werk produziert, dann fix und fertig mit allen Innenausbauten auf die Baustelle geliefert und auf die vorhandenen Fundamente gesetzt“, sagt Marlow.

Die Gebäudemodule kommen aus dem Vorarlberg in Österreich von der Firma Kaufmann Bausysteme GmbH. Ihre Holzkonstruktion ist aus Brettsperrholz gefertigt.

In Hannover sind derzeit durch die Stadtverwaltung rund 4000 Flüchtlinge in zahlreichen Wohnungen, vier Wohnprojekten und rund 30 Gemeinschafts- und Notunterkünften untergebracht.

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