Holzbau ist gesund

Natürliches Holz ist einer der besten und gesündesten Baustoffe überhaupt. Doch auch bei Holzhäusern gibt es gesundheitsbedenkliche Stoffe, die ausgedünstet werden. Um die Qualität von Holz zu erhalten, ist ein wohngesundheitliches Qualitätsmanagement entwickelt worden.

Wenn von „Ökohäusern“ die Rede ist, kommen den meisten Verbrauchern zuerst Gebäude aus Holz in den Sinn. Das hat viel mit deren Vorreiterrolle zum energieoptimierten Bauen zu tun. Aber auch die emotionale Bindung gerade der Deutschen an Wald und Holz als natürliches, nachwachsendes und irgendwie „positives“ Baumaterial spielt eine Rolle. Doch sind aus ökologischen Materialien gebaute Häuser automatisch auch gesund? Und kann man vom Material der Wandkonstruktion auf die Qualität des gesamten Gebäudes schließen?

Anfangs forschte das Sentinel-Institut
bewusst im Holzbau

Antworten auf diese Fragen gibt das Sentinel Haus Institut. Das Unternehmen, dessen Wurzeln in einem Forschungsprojekt mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt liegen, forscht und kommuniziert seit 2005 zum Thema Wohngesundheit, anfangs ganz bewusst im Holzbau, mittlerweile völlig unabhängig von den verwendeten Baustoffen.

Ergebnis und Kernpunkt des von dem Institut entwickelten Qualitätssicherungskonzepts: Die Qualität der Innenraumluft ist entscheidend für die gesamte gesundheitliche Qualität des Gebäudes. Denn Luft ist unser wichtigstes Lebensmittel und zu 90 Prozent halten wir uns in geschlossenen Räumen auf. 19 Kilogramm Luft pumpt ein Erwachsender jeden Tag durch seinen Körper, ohne Luft sind die meisten von uns nach drei Minuten nicht mehr am Leben, ohne Wasser sind es etwa drei Tage, ohne Nahrung rund 30 Tage. Genügt die Raumluft hohen gesundheitlichen Ansprüchen, ist es meistens auch um andere Parameter gut bestellt. Nichtsdestotrotz berücksichtigt das Sentinel Haus-Konzept eine Vielzahl von Schadstoffen, von Weichmachern über CMR-Stoffe (krebserregend, erbgutverändernd, reproduktionstoxisch) bis hin zu Faktoren, die viel mit Behaglichkeit zu tun haben: Innenraumklima, Licht, Farbe, Schallschutz und etliche andere.

Qualitätssicherung von Beginn an

Doch wie erreicht man eine bestimmte Qualität der Innenraumluft und welche Maßstäbe legt man an? Schließlich gibt es in Deutschland kein Gesetz und keine Verordnung zur Qualität der Innenraumluft. Die Grenzwerte, die das Sentinel Haus Institut zugrunde legt, orientieren sich deshalb unter anderem an den Empfehlungen des Umweltbundesamtes für flüchtige organische Lösemittel VOC (siehe Grafik) und der Weltgesundheitsorganisation WHO für Formaldehyd. Dank eines umfangreichen Qualitätsmanagements können Partner des Instituts ihren Kunden die Einhaltung dieser Werte vertraglich zusichern, was angesichts des hohen Stellenwerts des Themas Gesundheit nicht nur einen Wettbewerbsvorteil, sondern auch ein erhebliches Maß an Rechtssicherheit bedeutet.

Und die wird immer wichtiger, denn prominente Institutionen und staatliche Stellen haben in den letzten Jahren die Qualität der Innenraumluft als wichtiges Kriterium erkannt. So hat beispielsweise das Umweltbundesamt Empfehlungen für Kindergärten veröffentlicht, das Bundesbauministerium hat im Juni 2011 Empfehlungen für Schulgebäude definiert und neuerdings nutzt auch die deutsche Wohnungswirtschaft Standards für die Innenraumqualität, die immer häufiger auch Teil der Ausschreibung sind. Die Folge: Wer als Bauunternehmen oder Handwerker diese Standards verletzt, kann mit Haftungsrisiken konfrontiert werden. Doch neue Standards bedeuten auch immer neue Chancen. Zum Beispiel für neue Planungs- und Ingenieursdienstleistungen und entsprechend qualifizierte Handwerksleistungen.

Wie funktioniert das Sentinel Haus-Konzept?

Das Sentinel Haus-Konzept ruht deshalb in der Praxis auf drei Säulen: Einer sorgfältigen Materialauswahl, der Schulung aller am Bau beteiligten Planer und Handwerker sowie der Kontrolle der Innenraumluft während und/oder nach der Bauphase durch einen unabhängigen Sachverständigen oder qualifizierten Baubiologen. Bei den Materialien legt das Bauun­ternehmen eine Liste der innenraumrelevanten ­Baustoffe vor, für die das Institut eine Bewertung ­vornimmt. Grundlage dafür sind qualifizierte Emissionsprotokolle beziehungsweise vertrauenswürdige Gütesiegel wie das des eco-Instituts, das natureplus-Qualitätszeichen oder Eurofins „Indoor Air comfort gold“. Bei genauerer Recherche wird deutlich, dass unter anderem für einige im Holzbau beliebte Materialien solche Emissionszertifikate nicht vorliegen. Das betrifft etwa Holzwerkstoffe und Beschichtungen wie Wachse, Öle oder Farben, hier gerade solche aus natürlichen Zutaten. Das muss nicht heißen, dass solche Baustoffe generell schlecht sind, für den Verarbeiter und dessen Kunden gibt es nur keine verbriefte Sicherheit zur gesundheitlichen Qualität und den Schadstoffemissionen, die von dem Produkt ausgehen. Doch die werden immer wichtiger, schließlich sind Gebäude heute nahezu luftdicht gebaut. Mit der Konsequenz, dass die Schadstoffe, die von Baumaterialien, Möbeln oder von den Bewohnern verursacht werden, heute viel stärker die Raumluft belasten als früher, als durch Ritzen und Fugen ein ungewollter, aber automatischer Luftaustausch stattfand. Das Institut hat mittlerweile zahlreiche Hersteller dazu gebracht, viele unterschiedliche Baustoffe prüfen zu lassen, die deshalb für wohngesundes Bauen empfohlen werden können. Auch der Baustoffhandel hat diese Herausforderung inzwischen erkannt und nutzt wie zum Beispiel die BayWa die Kriterien des Sentinel Haus Instituts, um die Wohngesundheit in die Qualitätssicherung und das Marketing zu integrieren.

Wohngesunde Passivhäuser

Eines der Holzbauunternehmen, die sich für die Partnerschaft mit dem Sentinel Haus Institut entschieden haben, ist die Firma Holzbau Gruber im bayerischen Kirchweidach (www.holzbau-gruber.de). Im vergangenen Jahr hat das innovative Traditionsunternehmen zwei Passivhäuser nach dem Sentinel Haus-Konzept gebaut, darunter eines als Wohn- und Büro-
gebäude für die Unternehmerfamilie selbst. „Die garantierte Wohngesundheit ist die konsequente Weiterentwicklung unserer eigenen, hohen Qualitätsmaßstäbe und bietet zudem ein wertvolles Alleinstellungsmerkmal“, sagt Inhaber Manfred Gruber.  Auslöser der Entscheidung war seine persönliche Erfahrung. „Einige unserer energetisch sehr hochwertigen Objekte wiesen nach der Fertigstellung unter anderem durch die Verwendung von wohngesundheitlich mangelhaften Holzwerkstoffen, Dichtstoffen und Polystyrol zeitweise deutliche Emissionen und Gerüche auf. Daran wollte ich etwas ändern“, berichtet der Passivhausplaner, der neben den klassischen Zimmererarbeiten, Sanierungen und Innenausbau seinen Schwerpunkt auf den Bau von schlüsselfertigen Effizienz- und Passivhäusern gelegt hat. Die Resonanz auf die beiden Sentinel-Passivhäuser ist durchweg positiv, sowohl bei Kunden wie bei Handwerkskollegen. „Mehrfach haben sogar die Handwerker bestätigt, noch nie in einer so angenehmen Umgebung gearbeitet zu haben“, erinnert sich Manfred Gruber. Die zusätzlichen Kosten im mittleren einstelligen Prozentbereich für die höherwertigen Baustoffe baut Gruber in seine Gesamtangebote ein. „Gesundheit ist den Kunden wichtig und wenn das Paket stimmt, sind sie auch bereit dafür zu bezahlen“.

Die Qualtität der Innenraumluft ist entscheidend für die gesundheitliche Qualität des Gebäudes

Mittlerweile ist die Wichtigkeit des wohngesunden Bauens von behördlicher Seite erkannt worden

Das Sentinel Haus-Prinzip

Das Sentinel Haus Institut ist Wissensanbieter und Projektdienstleister für wohngesunde Baukonzepte und bietet unterschiedliche Informations- und
Weiterbildungsangebote für Handwerker, Bauunternehmen und Planer an.
www.sentinel-haus.eu

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