Gesunde Baustoffe in Freiburger Kita

Eine im Herbst 2011 in Holzrahmenbauweise fertig gestellte Freiburger Kindertagesstätte entspricht dem Plus-Energie-Standard. Gleichzeitig wurden bei dem Projekt hohe gesundheitliche Standards umgesetzt. Dabei kamen nur Baustoffe zum Einsatz, die vorher auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft wurden.

Große Fenster zum Garten, lichtdurchflutete Räume, ein helles, modernes Ambiente – für die Kinder der Kindertagesstätte an der Freiburger Urachstraße könnte der Unterschied kaum größer sein. 38 Jahre lang nutzten die beiden Vereine „Kinderladen“ und „Elterninitiative“ die ehemaligen Quäkerbaracken auf dem Gelände als Kindertagesstätte. Sie waren unmittelbar nach dem Krieg – 1946 / 47 – errichtet worden. Von hier aus verteilten die Quäker – eine Glaubensgemeinschaft, die seit über 350 Jahren in aller Welt existiert, Lebensmittelspenden aus den USA an die Freiburger Bevölkerung.

Mittlerweile waren die errichteten Gebäude jedoch so baufällig, dass eine Sanierung unwirtschaftlich gewesen wäre. Lediglich eines der insgesamt drei Barackengebäude blieb als sogenannte Küchenbaracke erhalten und wurde unter Denkmalschutz gestellt. Damit sollte die Erinnerung an das Wirken der amerikanischen Quäker wachgehalten werden. Die anderen beiden Baracken wurden durch einen wohngesunden und energieeffizienten Neubau ersetzt. Mit Rücksicht auf das Ambiente des an die grünen Stadtrandgebiete angrenzenden Stadtteils Wiehre sowie als Reminiszenz an die hölzernen Vorgängerbauten sollte der Neubau in Holzbauweise erstellt werden.


Durchdachtes Energiekonzept

Vom Abriss der alten Gebäude bis zum Einzug in die neue Kita dauerte es für die 40 Jungen und Mädchen nur gut ein Jahr. In der Zwischenzeit hatten sie Quartier in einem benachbarten Schülerhort bezogen.Entstanden ist in dieser Zeit auf dem etwa 1500 m² großen Grundstück ein eingeschossiger, flach gedeckter Bau, der dem Plus-Energie-Standard entspricht. Das heißt, es wird mit den regenerativen Energieträgern Holzpellets, einer thermischen Kollektoranlage und einer Photovoltaikanlage mehr Energie erzeugt, als für Heizung, Warmwasser, Betriebs- und Haushaltsstrom benötigt wird. Die Energieplanung oblag dem Ingenieurbüro Stahl + Weiß, Büro für Sonnenenergie. Das ausgeklügelte Baukonzept berücksichtigte auch die sogenannte graue Energie, also die Energie, die beim Bau verbraucht wird. Mit der Holzbauweise wird hier ein besonders niedriger Wert erreicht.

„Das Ziel war, die graue Energie innerhalb von 20 Jahren durch das Plusenergiehaus-Konzept zu kompensieren“, sagt Dipl.-Ing. Fabien Vincent vom Ingenieurbüro Stahl + Weiß. Dies wurde rein rechnerisch mit dem Konzept auch erreicht. So sind nach 20 Jahren sämtliche Energieaufwendungen auf der Ausgabenseite durch die Einnahmenseite (durch PV und die thermische Kollektoranlage) kompensiert. Im ersten Betriebsjahr entsprachen die Energieverbräuche den vorausberechneten Werten sehr gut. Es wurden 6 MWh Elektrizität verbraucht, die PV-Anlage hat 14 MWh umweltfreundliche Elektrizität erzeugt. Holzpellets wurden mit einem Energieäquivalent von 10 MWh verbraucht, simuliert waren 11 MWh.

Energieeinsparpotential hat auch die großzügig verglaste Südfassade des langgestreckten Gebäudes, die viel Sonne in die Räume lässt und den Außenbereich integriert. Umlaufende Spielterrassen mit Naturholz-Terrassendielen mit Rillen sind um eine alte, schützenswerte Kastanie gruppiert.

Ein Bewegungsraum samt Kletteranlage sorgt dafür, dass die Kinder auch bei schlechtem Wetter ihren Bewegungsdrang ungehemmt ausleben können.

Fundament, Sockel und Bodenplatte des nicht unterkellerten, langgestreckten Gebäudes wurden in Beton beziehungsweise Stahlbeton ausgeführt. Der darüber liegende Boden ist rund 38 cm dick. Er besteht von unten nach oben aus einer statisch tragenden Holzkonstruktion aus kreuzlagig angeordneten 12 cm dicken Holzbalken mit Wärme- und Trittschalldämmung aus 24 cm Steinwolle (Hersteller Rockwool). Die Konstruktion wurde nach oben mit einer Rauhspundschalung und schwimmend verlegtem Zementestrich geschlossen. In den Gruppenräumen wurde abschließend ein strapazierfähiger Belag aus Linoleum eingebracht. In den Nassräumen wurde die Trittschalldämmung mit Zementestrich schwimmend mit Fliesenbelag ausgeführt. 


Sentinel Haus-Institut berät bei wohngesunden Aspekten

Das eigentliche Gebäude wurde als wärmebrückenfreie Holzkonstruktion unter wohngesunden Aspekten mit hoher innenraumhygienischer Qualität erstellt. Maßgeblich waren dabei die Empfehlungen des Sentinel-Haus Instituts (SHI), das entsprechende klar definierte und überprüfbare Regeln entwickelt hat. Demnach werden sämtliche Baustoffe – unabhängig von ihrem ökologischen Image – vor der Verarbeitung auf ihre gesundheitliche Unbedenklichkeit hin untersucht. „Dabei muss“, erklärt Architekt Philipp Boos vom Architektenbüro Boos + Giringer, das die Kita geplant hat, „jeder Baustoff auf seine spezielle Tauglichkeit hin überprüft werden. Teilweise müssen entsprechende Prüfzeugnisse beim Hersteller eingefordert werden.“ Das sei am Anfang aufwendig. „Aber“, so Boos weiter, „wir finden das Thema sehr wichtig und setzen uns für wohngesundes Bauen ein.“

Der Check, den die Baustoffe vor dem Einbau über sich ergehen lassen müssen, bezieht sich auf ihre Zusammensetzung und auf mögliche gesundheitsschädliche Emissionen. Sind bei dem Einsatz eines Baustoffes gesundheitliche Schäden nicht auszuschließen, werden gleichwertige, aber emissionsarme Alternativen verarbeitet. Die Einhaltung des Konzeptes wird betreut und überwacht von Experten des Sentinel-Haus Instituts. Nach Fertigstellung eines Gebäudes bestätigen Raumluftmessungen durch einen unabhängigen Sachverständigen die erfolgreiche Beachtung der strengen Kriterien. Der Aufwand hat sich gelohnt: Die Messwerte für die Stoffgruppe der flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) – darunter auch das bekannte Formaldehyd – liegen weit unter den Empfehlungswerten des Umweltbundesamtes beziehungsweise der Weltgesundheitsorganisation und garantieren den Kindern wie den Angestellten der Kindertagesstätten eine wohngesunde Umgebung. Auch dass es nicht „neu“ riecht in der Kita, ist ein gutes Zeichen. Denn der neutrale Geruch weist ebenfalls auf eine wohngesunde Innenraumluft hin.


Die Konstruktion: Holzrahmenbauweise

Außen- und Innenwände des Gebäudes sind komplett in Holzrahmenbauweise erstellt. Die etwa 39 cm dicken Außenwände bestehen aus einer tragenden Holzständerkonstruktion aus 18 cm dicker Fichte und einer Dämmung aus Steinwolle. Die Konstruktion wurde außenseitig mit 6 cm dicken Holzfaserdämmplatten geschlossen. Die Außenfassade wurde mit einer naturbelassenen Trapezschalung mit offenen Horizontalfugen ausgeführt. Das Holz dazu stammt von Weißtannen aus dem Schwarzwald.

Die Tragkonstruktion der Außenwände wurde raumseitig mit 12,5 mm Fermacell Vapor geschlossen, die auch statisch aussteifend zum Einsatz kommt. Da die Platte über eine spezielle, auf der Plattenrückseite aufgebrachte Kaschierung verfügt, konnte das Einbringen einer zusätzlichen dampfbremsenden Schicht in der Außenwandkonstruktion entfallen. In nur einem Arbeitsgang wurde damit sowohl die Dampfbremse als auch die innere, aussteifende Beplankung von Außenwänden ausgeführt. Es folgt eine ebenfalls mit Steinwoll-Dämmung versehene Installationsebene aus Kanthölzern, die zum Raum hin einlagig mit Fermacell Gipsfaser-Platten in 12,5 mm Dicke beplankt wurde.

Die rund 15 cm dicken Innenwände bestehen aus einer statischen Holzkonstruktion aus Fichte mit Dämmung, die ebenfalls beidseitig mit Fermacell belegt wurden.

Die Decken sind 68 cm dick. Sie bestehen von außen nach innen aus Extensivbegrünung, Folienabdichtung mit zwei Prozent Gefälledämmung, statisch tragender Holzkonstruktion mit Wärmedämmung aus Steinwolle, Leisten mit Akustikdämmung und einer raumabschließenden Lochgipsplatten-Akustikdecke. Im Deckenhohlraum ist die Elektroinstallation für die Deckenbeleuchtung untergebracht.

Da die Material- und Verarbeitungseigenschaften der verwendeten Gipsfaser-Platten dem Holz sehr ähnlich sind, war der Baustoff eine gute Ergänzung zur Holzunterkonstruktion der Wände. Vorteile sieht Architekt Boos aber vor allem auch in der Faserarmierung: „Die Platten werden dadurch sehr fest und sind so besonders für Einsatzbereiche geeignet, in denen hohe Ansprüche an die Belastbarkeit gestellt werden. Mit Gipsfaser-Platten können auch bei stoßweiser Belastung Wandschäden durch äußere Einwirkungen im Vorfeld minimiert werden.“

 

Hoher Vorfertigungsgrad

Sämtliche Dach- und Wandelemente wurden in den Werkstätten der Zimmerei Grünspecht unter idealen Bedingungen witterungsunabhängig weitgehend vorproduziert. Knapp vier Wochen benötigte der Betrieb für die Produktion der Wände, Böden, Terrassen und Vordächer.

Die einzelnen Wandelemente wurden mit einer Höhe von vier Metern produziert. Das entspricht der Gebäudehöhe. Mit Breiten von 2,50 m bis 3 m sind die Wandtafeln jedoch relativ schmal, konnten so aber bequem und ohne großen logistischen Aufwand zur Baustelle transportiert werden. „Die Verarbeitung der senkrechten Stöße“, so Markus Wolf, Zimmermeister bei Grünspecht, „war für uns ungewohnt. Normalerweise arbeiten wir mit waagerechten Stößen jeweils in Geschosshöhe.“ Aufgrund der raumhohen Wände konnten diese so allerdings erheblich steifer hergestellt werden.

Nach der Montage der Wandelemente wurde dann vor Ort die Installationsebene sowie die raumabschließende Beplankung mit den Gipsfaser-Platten ausgeführt und die Fassade fertiggestellt. Eingesetzt wurden Platten mit einer Höhe von 2,50 m. Die bereits im Werk vormontierten Vapor-Platten wurden mit einer Höhe von 3 m verarbeitet. Die Gipsfaser-Platten wurden auf der Holzkonstruktion (Achsabstand der Holzrippen 62,5 cm) mit Klammern befestigt. Für die Fugen kam der Fugenkleber von Fermacell als Systemkomponente zum Einsatz.

Nach der Vorfertigung in der Zimmerei wurde der Rohbau der beiden Gruppenhäuser innerhalb von nur je einer Woche abgeschlossen. Die Zimmerei Grünspecht hat außer der Fertigstellung des Holzrahmenbaus auch den gesamten Innenausbau ausgeführt.

 

Fazit: Wohngesundes Bauen ist realisierbar

Hohe wohngesundheitliche Standards wurden beim Neubau einer Kindertagesstätte in Freiburg realisiert. Mit Fermacell-Gipsfaserplatten konnte das für den Bau der Kita erstellte Gesundheits-Konzept rationell, schnell und kostengünstig realisiert werden, ohne dass dabei Zugeständnisse an die Qualität gemacht werden mussten.

 

Autorin


Rita Jacobs arbeitet als freie Fachjournalistin. Sie führt ein PR-Büro, das auf die Bauwirtschaft und Architektur spezialisiert ist.

 

Die neue Kita ist nach 20 Jahren energieneutral

Das Gebäude wurde als Holzkonstruktion unter wohngesunden Aspekten erstellt

Partner des Sentinel-Haus Instituts


Mit der Baustoff-Wahl konnte
das für den Bau der Kita erstellte Gesundheits-Konzept rationell, schnell und kostengünstig rea­lisiert werden, ohne dass dabei Zugeständnisse an die Qualität gemacht werden müssen. Fermacell-Gipsfaser-Platten und Powerpanel H2O werden im Rahmen eines umweltschonenden Produktionsprozesses auf der Basis natürlicher Rohstoffe hergestellt und sind vom eco-Institut in Köln zertifiziert. Damit erfüllen beide Baustoffe die strengen Anforderungen, die bei der Realisierung des ­öko­logischen und wohn­gesundheitlichen Qualitäts­sicherungskonzeptes an die ­verwendeten Materialien gestellt wurden. Fermacell ist aufgrund der baubiologisch unbedenklichen Produkte Partner des Sentinel-Haus Instituts.

Strenge Vorgaben auf der Baustelle durch das Sentinel-Haus-Institut (SHI)

Sämtliche Handwerker waren vor Montagebeginn über die Anforderungen des Sentinel Konzepts informiert worden. Sie mussten für die Dauer der Bauzeit die strengen Vorgaben einhalten. Dabei wurde etwa darauf geachtet, dass alle Arbeiten, die die Luft verunreinigen können, draußen erledigt werden. Auf den Einsatz einer Motorsäge wurde beispielsweise verzichtet. Innerhalb des Gebäudes wurde weder geflext noch geschweißt oder gelötet. Die Lagerung von Paletten oder Verpackungsmaterial war
im Gebäude ebenso verboten wie das Rauchen.  
Regelmäßige Kontrollen durch das SHI stellten die Einhaltung der ­Vorschriften sicher. Im Ergebnis konnte so ein gesundheitsorientierter Bauprozess und der ausschließliche Einsatz von Bauteilen und Baustoffen, bei denen der Schadstoffeintrag auf ein Minimum reduziert ist, gewährleistet werden. Eine Raumluftprüfung, die nach Fertigstellung des Bauvorhabens vorgenommen und von einem unabhängigen Prüflabor ausgewertet wurde, bestätigte am Ende die hohe Qualität der Innenraumluft. Kinder und Erzieherinnen haben sich schnell in der neuen ­Umgebung eingelebt und fühlen sich wohl.
Bautafel (Auswahl)


Objekt Kindertagesstätte, Freiburg
Investor/Bauherr Stadt Feiburg im Breisgau

Nutzung Kindertagesstätte

Nutzfläche rund 360 m²

Bauweise Holzrahmenbau

Haustechnik Holzpelletsheizung, Photovoltaikanlage, Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung mit einem Wirkungsgrad von über 90 Prozent

Planung Philipp Boos, Boos + Giringer – Freie Architekten, Renchen/Freiburg

Energiestandard Plusenergiehaus

Energieplanung Stahl + Weiß,
Büro für SonnenEnergie

Statik Frenzel-Klumpp Bauingenieure, Offenburg

Wohngesundheitskonzept Sentinel-Haus Institut

Holzrahmenbau Zimmerei Grünspecht, Freiburg

Technische Beratung Hermann Steiert,
Dirk Lindner, Fermacell GmbH

Produkt 2500 m² Fermacell-Gipsfaser-Platten
12,5 mm, 400 m² Gipsfaser-Platte Vapor

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