Fünfgeschossiges Fertighaus

Fertighäuser im Einfamilienbereich gibt es schon lange, mehrgeschossige Häuser sind nun auch langsam im Kommen. Mit einem Pilotprojekt wagt sich der Hersteller Weberhaus in die Mehrgeschossigkeit vor. Der kubische Charakter wird mit einer Fassade aus Aluminium-Verbundwerkstoffplatten unterstrichen.

Seit gebaut wird, gibt es Menschen, die über die Rationalisierung des Bauens nachdenken, um Prozesse zu vereinheitlichen, Fehlerquellen auszuschließen, den Vorfertigungsgrad zu erhöhen, den Baufortschritt zu beschleunigen und die Kosten zu senken.

Aus diesem Antrieb heraus entstanden Fertighäuser: Im Anschluss an eine individuelle Planung wird das gewünschte Haus in Teilelementen vorproduziert und dann auf der Baustelle binnen kurzer Zeit zusammengesetzt. Meistens geschieht dies in Holztafelbauweise, also in Form von bekleideten Holzrahmenkonstruktionen, die statisch als Scheibe wirken.

Mehrgeschosser mit zukunftsweisender Ausstattung

Die Firma Weberhaus baute in einem guten halben Jahrhundert in Deutschland deutlich mehr als 30 000 Fertighäuser, bis vor kurzem meist ein- bis zweigeschossige Einfamilienhäuser. Dann beauftragte Firmeninhaber Hans Weber vor einiger Zeit den Bühler Architekten Dipl.-Ing. A. Hamid von Berg-Hadjoudj mit dem Entwurf eines fünfgeschossigen Mehrfamilienhauses. Dieses Pilotprojekt würde nicht nur als Ausweis der über Jahrzehnte erworbenen Kompetenz im Umgang mit dem Baustoff Holz dienen, sondern gleichermaßen als Referenz für die Erschließung eines zusätzlichen Marktes.

Hinsichtlich der Entwurfsvorgaben hatte der Bauherr klare Vorstellungen. Das Haus sollte aufgrund der Nähe zur Stadt einen gewissen urbanen Charakter aufweisen sowie die augenblicklichen energetischen Mindestanforderungen unterschreiten. Zusätzlich sollten Heiz- und Haustechnik nicht nur zeitgemäß, sondern die Befeuerung auch mit nachwachsenden Rohstoffen gelingen. Und schließlich war das Haus als Mehrgenerationenhaus angedacht; das bedeutete, dass sowohl die Wege als auch alle Wohnungen sowie das Penthouse barrierearm bis barrierefrei auszuführen waren.

Konstruktion aus Holz, außen Alu-Verbund-Fassade

Da nicht erwartet wurde, dass die Holzkonstruktion des Hauses von außen ablesbar ist, entschied sich der Architekt für eine vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF), die mit der langlebigen Aluminiumverbundplatte Alucobond bekleidet werden sollte. Dieses leichte und sehr universell einsetzbare Fassadenmaterial verfügt über eine hochwertige Oberfläche, die dafür sorgt, dass die Erscheinung des Gebäudes über einen Nutzungszeitraum von vielen Jahren unverändert bleibt.

Mischbauweise mit überwiegend Holz

Der Keller sowie der Erschließungskern des Hauses, also Treppenhaus, Fahrstuhl- und Versorgungsschacht, wurden in Ortbeton errichtet, wobei das Treppenhaus die Funktion des Fluchtweges übernimmt. Um die Holzkonstruktion thermisch und akustisch vom Betonkern des Gebäudes zu entkoppeln, wurde zwischen beide Elemente ein weiterer Holzrahmen gebaut. Die Außenwände des Gebäudes sind, wie bei vielen Fertighäusern üblich, in Holzrahmenbauweise gefertigt. Die Holzrahmen bestehen aus Konstruktionsvollholz (KVH), in die Gefache wurde bei der Vorfertigung eine mineralische Dämmung eingebracht. Außen erhält der Wandaufbau zusätzlich eine Dämmung aus einer Holzfaserdämmplatte. Ein gewebearmierter Spachtel sowie ein fugenfrei aufgebrachter Putz bilden den Abschluss. Zur Innenseite wird das Fachwerk mit einer OSB-Platte verschlossen. Auf diese kommen ein Dampfbremsvlies sowie eine Gipskartonplatte, welche den gewählten Wandbelag aufnimmt.

Um die erhöhten Druckkräfte der mehrgeschossigen Bauweise bewältigen zu können wurden in diesem Fall Rähme und Schwellen aus Kerto-Furnierschichtholz gebaut. Damit die Belange des Brandschutzes erfüllt werden konnten, erhielt die Konstruktion sowohl ihre Zwischenraum-, wie Außendämmung aus Steinwolle (16 cm + 14 cm = 30 cm).

Sehr guter Dämmstandard

Bei diesem Gebäude wurde von den Handwerkern – wie erwähnt – eine VHF montiert. Auf einer waagerecht verlegten Unterkonstruktion aus Aluminiumstrangpressprofilen wurden Alucobond-Fassadentafeln montiert, die die darunter liegende Konstruktion vor Bewitterung schützen und den Entwurfsgedanken des Architekten tragen.

Die bereits in der Vorfertigung montierten Alu-Holzfenster verfügen über eine energiesparende Dreifachverglasung. Mit ihnen erreicht die gesamte Gebäudehülle einen U-Wert von 0,11 W/m²K. An den Stellen an denen die Verglasung über Eck geführt wird, wurden die gesamten Eckelemente vorgefertigt und komplett angeliefert, um die Einbautoleranzen auf ein Minimum reduzieren zu können.

Die Wohnungstrennwände wurden raumseitig doppelt mit Gipskartonplatten beplankt und erfüllen so die Anforderung F90 (Feuerwiderstandsklasse nach DIN 4102) beziehungsweise REI 90 (nach EN 13501). Um den Schallschutz zu optimieren, wurden diese nicht nur doppelt ausgeführt, es wurde auch darauf verzichtet, in den Wohnungstrennwänden Installationen zu verlegen. Das verhindert ungewollte Schallbrücken und kommt im Übrigen auch dem Brandschutz zugute.

Die einzelnen Geschosse bestehen aus der Standardkonstruktion „Wohnungstrenndecke“ des Herstellers: Deren Kern bildet eine 26 cm dicke Balkenlage aus Konstruktionsvollholz, die Gefache werden mit Steinwolle gedämmt. Den oberen Abschluss bilden eine Lage OSB-Platten, ein Trittschallschutz sowie ein Estrich. Die Untersicht der Balkendecke wird mit zwei Lagen 18 mm Gipskartonplatte beplankt. Die Geometrie der Decke hängt von den statischen Anforderungen ab und variiert im Unterschied zum Wandaufbau deshalb stärker.

Moderne Haustechnik

Beheizt wird das Gebäude mittels einer Pelletsheizung, die Warmwasserbereitung wird dabei von vier Vakuumröhrenkollektoren unterstützt, die auf dem Flachdach montiert wurden. Das Gebäude verfügt außerdem über eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Sie weist einen Wirkungsgrad von 85 Prozent auf. Die Haustechnik wird über das sogenannte WeberLogic (enOcean inside) vernetzt und

lässt sich, ebenso wie Sonnenschutz, Jalousien, Licht usw. von einem mobilen Bedienpanel steuern.

Ressourcenschonendes Bauen ist möglich

Mit diesem Objekt ist ein weiterer Fertighausbauer in den mehrgeschossigen Wohnungsbau in Holzbauweise eingestiegen. Die aus Gründen des Brand- und des Schallschutzes notwendigen baulichen Modifikationen fielen gering aus, so dass zwar hier von einem Pilotprojekt, keinesfalls aber von einem Prototypen die Rede sein soll. Auch dieses Gebäude zeigt, dass ohne Rücksicht auf Ressourcenschonung nicht mehr gebaut werden sollte. Dabei muss einem zeitgemäßen Gebäude weder seine Konstruktion noch seine ökologische Qualität anzusehen sein. Und auch hybride Wandaufbauten, wie zum Großteil bestehend aus CO2-neutralem Holz und einer voll recyclebaren Aluminiumverbund-Fassade, können sinnvolle, neue Lösungen darstellen.

Autor
Kay Rosansky ist Architekt, Journalist und betreibt das Agenturbüro rosansky-presse in Verl. Er unterstützt Alucobond bei der Pressearbeit.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Fünfgeschossiges Mehrfamilienhaus in Holzbauweise in Kehl

Bauherr  Hans Weber, Rheinau-Linx

Entwurfsarchitekt A. Hamid von Berg-Hadjoudj, www.architektur-pro.de

Tragwerksplanung  Dipl.-Ing. Markus Gegg,

www.ib-gegg.de

Brandschutz Drescher & Partner,

Herbolzheim, www.drescher-brandschutz.de

Ausführung Weber Haus, www.weberhaus.de

Fassade Alucobond, 3A Composites,

www.alucobond.com

Im Internet finden Sie weitere Fotos vom Bau des Fertighaus-Mehrgeschossers in Kehl. Geben Sie hierzu bitte den Webcode in die Suchleiste ein.

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