Die Werkzeug-Hölle

Stundenlange Einsätze, extreme Temperaturen, Staub und Dreck: Elektrowerkzeughersteller erproben ihre Maschinen im Labor und auf der Baustelle unter extremen Bedingungen, die den Alltag bei weitem übertreffen. So auch im Testzentrum von Metabo in Nürtingen.

In der Halle ist Gehörschutz Pflicht, denn es herrscht ein Höllenlärm. Doch nirgends ist ein Handwerker zu sehen. Dafür aber Bohrhämmer, die auf einem Betonblock eingespannt sind und seit Stunden laufen. Nebenan hängen eingeschaltete Winkelschleifer in Glaskästen und werden im Sekundentakt mit feinen Metallspänen oder mit mineralischem Staub eingenebelt. „Nur die besten Winkelschleifer halten das mehr als 15 Stunden durch – das entspricht einem langen Maschinenleben auf der Baustelle“, sagt Volker Siegle, verantwortlich für Produktentwicklung und Qualität bei Metabo. Einen Raum weiter friert eine Klimakammer laufende Akkuschrauber ein oder erwärmt sie auf 45° C, bei 90 Prozent Luftfeuchtigkeit. Eine Folterkammer für Elektrowerkzeuge? – Nein, es ist das Testzentrum von Metabo in Nürtingen.

Werkzeuge an den Grenzen ihrer Belastbarkeit

Hier sind 16 Mitarbeiter ausschließlich damit beschäftigt, in Prüflabors alle neuen Werkzeuge zu testen, 40 weitere arbeiten in der Qualitätssicherung. Jedes Werkzeug muss zahlreiche Belastungen aushalten: Dauereinsatz, ununterbrochene Vibrationen, extreme Temperaturen von minus 35 °C bis plus 60 °C, zahlreiche Stürze aus zwei Metern Höhe und nicht zuletzt auch Staubfestigkeit. Im Testzentrum von Metabo haben Menschen, Roboter und Prüfstände ein gemeinsames Ziel: Sägen, Bohrmaschinen, Winkelschleifer und andere Werkzeuge bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit zu treiben und sie so sicher, zuverlässig und langlebig wie möglich zu machen. Denn kein Mensch, sondern nur ein Roboter bringt die Kraft und die Ausdauer auf, stundenlang einen Bohrhammer senkrecht in die Decke zu treiben. Ergänzt werden Prüfstände und Roboter durch praktische Tests, bei denen Mitarbeiter mit den Maschinen so lange arbeiten, bis das Lebensende der Elektrowerkzeuge erreicht ist. 

Handwerkerwünsche fließen in Produktentwicklung ein

Zusätzlich fließen die Urteile von Handwerkern in die Produktentwicklung ein. Dazu sind die Mitarbeiter von Metabo in Werkstätten, auf Baustellen und in Industriebetrieben unterwegs, sprechen mit den Handwerkern und fragen, was sie sich wünschen. Jeder Entwicklungs- und Produktionsschritt, von den Prototypen über den Serienanlauf  bis hin zur laufenden Produktion, wird von Praxistests begleitet. „Prüfstände und Roboter sollen die ausführliche Praxis-Erprobung nicht ersetzen“, sagt Volker Siegle, „aber sie bieten andere Vorteile: Hier im Testzentrum können wir Belastungen verändern und extreme Einsatzbedingungen im Zeitraffer untersuchen.“

Roboter bohrt 60 Stunden lang Löcher in die Decke

„Wer stundenlang mit einer Maschine arbeitet, ist froh über jedes Dezibel, das wir eliminieren können“, sagt Siegle leise – denn in der Schallkammer hört man jeden Ton. Darin überprüfen die Tester die Funkentstörung und den Geräuschpegel, den ein Werkzeug verursacht. Die Werkzeuge hängen dafür in einem schalltoten Raum mit sensibler Aufnahmetechnik wie in einem Tonstudio.

Das Kontrastprogramm dazu ist ein imposanter, extra für diesen Zweck konstruierter Kuka-Roboter in der nächsten Versuchsanordnung. Er macht ordentlich Krach, es riecht nach Betonstaub. Der Roboter bohrt mit einem großen Bohrhammer senkrecht nach oben in eine Betondecke. Hunderte von Bohrungen über ihm zeigen, dass er bereits seit Stunden in Aktion ist. Und erst nach mehreren Tausend Löchern ist Schluss. „Hier prüfen wir unter extremen Praxisbedingungen die Standfestigkeit unserer Maschinen. Der Roboter bohrt hier 60 Stunden am Stück“, erklärt Qualitätschef Siegle. Ob man das nicht einfacher mit einem Computer simulieren könnte? „Leider Nein! Die Staubentwicklung, die Erhitzung bei extremer Dauerbelastung und die leichten Schrägwinkel im Einsatz kann man nur in der Praxis überprüfen.“ Motoren, Kupplungen und Getriebe erprobt Metabo auf extra Prüfständen – genauso wie Akkus für kabellose Maschinen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Messungen lässt der Elektrowerkzeughersteller parallel immer in unabhängigen, zertifizierten Testlaboren ermitteln. Aber wer aus dem Nürtinger Testzentrum kommt, muss den Baustellenalltag nicht fürchten. Und weitere Tests schon gar nicht.

Autor
Michael Grupp arbeitet als freier Fachautor in Stuttgart.

Nur ein Roboter bringt die Kraft und Ausdauer auf, stundenlang einen Bohrhammer in die Decke zu treiben.

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