Das Pulli-Prinzip: Schutz vor Kälte und Wind

Häuser müssen nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik dauerhaft luftdicht gebaut werden. Das heißt, die Gebäudehülle ist so auszuführen, dass es nicht zu unkontrollierten Wärmeverlusten durch wegströmende Raumluft kommt. Dafür ist eine handwerklich richtige Ausführung mit den optimalen Materialien nötig.

Der Begriff der Luftdichtheit ist eindeutig durch die Verordnung und flankierende Normen (zum Beispiel die DIN 4108-7) definiert. Und doch kommt es im Baualltag immer wieder zu Begriffsverwechslungen. Es wird von Winddichtheit gesprochen, aber die luftdichte Ebene gemeint.

Begriffsklärung: Luftdichtheit, Winddichtheit

Die unterschiedliche Bedeutung der Begriffe wird klar, wenn man sich die verschiedenen bautechnischen Funktionen dieser beiden Schichten in der Konstruktion verdeutlicht. Die luftdichte Ebene der Gebäudehülle soll die Durchströmung von Bauteilen mit warmer und feuchter Raumluft unterbinden und so konvektive Feuchteschäden durch unzulässigen Tauwasserausfall verhindern. Hierfür werden aktuell Materialien mit moderat diffusionshemmenden Sperrwerten (sd-Werte um die 5 Meter) wie etwa OSB-Platten oder Dampfbremsbahnen innenseitig verbaut.

Bei einer winddichten Ausführung von Dach oder Fassade ist der Hintergrund ein anderer. „Hier geht es darum, das Einströmen der Außenluft in die Konstruktion und eine damit verbundene Hinter- beziehungsweise Durchströmung der Wärmedämmung zu verhindern“, erklärt Zimmermeister und Gebäude-Energieberater Georg Frankenhauser. Kalter Wind, der bis in die Bauteilschichten des Dachs oder der Wand (gerade bei Leichtbaukonstruktionen oder im Holzrahmenbau) vordringen kann, würde zu einem Auskühlen der Dämmschichten führen. „Dadurch wäre deren Funktion merklich herabgesetzt“, führt Frankenhauser aus. Er ist Geschäftsführer der eigenen Familienzimmerei im baden-württembergischen Emerkingen, die elf Generationen vor ihm von seinen Vorfahren ins Leben gerufen wurde.

 

Dämmung nach dem Prinzip „Pulli und Windjacke“

Die Wirkung der üblichen Dämmstoffe beruht darauf, dass sie in ihren Faserstrukturen (Mineralwolle, Holzfaserdämmstoffe) beziehungsweise in ihren Poren (Polystyrol oder Polyurethan) ruhende Luft einschließen, die als wärmedämmendes Polster für das Gebäude dient. Die Dämmstoffe funktionieren also ähnlich wie ein Wollpullover: In den Maschen von gestrickter Wolle befindet sich ebenfalls ruhende Luft, die wir mit unserer Körpertemperatur erwärmen. Die ideale Kleidung für den Herbst oder Winter besteht darum aus der Kombination des Pullovers mit einer darüber gezogenen Windjacke. Der Pullover wärmt und die winddichte Jacke sorgt dafür, dass die Wärme am Körper bleibt – dies funktioniert aber nur, wenn der Reißverschluss geschlossen ist.

Genauso verhält es sich auch beim Dach, wobei als Jacke hier die winddichte Schicht auf der Außenseite dient. Sie wird hergestellt, indem die Unterdeckung mit speziellen Klebebändern und Klebemassen, welche für den Einsatz im Außenbereich geeignet sind, abgedichtet werden. Dazu gehören beispielsweise das Wigluv-Band und der Dockskin Primer von Siga, die Georg Frankenhauser die Arbeit enorm erleichtert haben: „Mit dieser Kombination können selbst komplizierte Stellen vernünftig angeschlossen werden.“ Darüber hinaus sei vor allem die UV-Stabilität von Wigluv ein entscheidender Faktor. Denn herkömmliche Klebebänder werden von der Strahlung im Laufe der Jahre zersetzt, was praktisch zum Aufbrechen der winddichten Ebene führt.

Die Klebematerialien fungieren somit als Reißverschluss. Ist die winddichte Schicht fachgerecht hergestellt, benötigt das Gebäude weniger Heizenergie. Für den Bewohner zahlt sich das in Form von geringeren Heizkosten aus und durch den verringerten CO2-Ausstoß wird auch die Umwelt entlastet.

 

Die wichtigsten Aufgaben der winddichten Ebene

Sie verhindert das Eindringen von Außenluft bereits auf der Außenseite der Wand- oder Dachkonstruktion. Dadurch wird ausgeschlossen, dass kalte Außenluft die Wärmedämmung durch- oder hinterströmt und damit deren Funktion mindert.

Meist handelt es sich bei der Unterdeckung in der Bauphase um eine Behelfseindeckung und während der Nutzung des Gebäudes um eine „zweite wasserführende Schicht“. Das Sicherstellen eines regensicheren Daches ist unmittelbar mit einer winddichten Verklebung der Unterdeckung verknüpft. Verhindert wird dadurch das Eindringen von Regen und Flugschnee. Und ebenso wirksam das Flattergeräusch von lose verlegten Bahnen.

Der Verzicht auf chemischen Holzschutz verlangt vom Verarbeiter generell den Einsatz von trockenem Holz und einem konstruktiven Holzschutz. Die Bauteile in Dach und Wand müssen vor Feuchteeintrag von Außen und Befall durch Schädlinge (Insekten) bewahrt werden. Auch dieser Nutzen lässt sich mit einer winddicht verklebten Ausführung erzielen.

 

Winddichtheit ist in der Norm festgelegt

Infolge dieser Gründe sollte der Handwerker davon ausgehen, dass ein regensicheres und winddichtes Unterdach heute den allgemein anerkannten Regeln der Technik entspricht. So taucht in der aktuellen DIN 4108-7 (Stand 2010) der Begriff der Winddichtheit auch durch die Norm untermauert auf. Dort ist zu lesen: „Winddichtheit ... [ist die] Eigenschaft einer Dach-, Wand- oder Fassadenkonstruktion oder einer außenseitigen Wärmedämmung, nicht oder nur in geringem Maße mit Außenluft durchströmt zu werden“ (DIN 4108-7 Seite 7).

 

ZVDH empfiehlt, die Luftdichtheitsebene herzustellen

Im Merkblatt „Wärmeschutz bei Dach und Wand“ des Regelwerks der Deutschen Dachdecker ist zudem zu lesen: „Eine Winddichtigkeitsschicht ist auf der Außenseite angeordnet (zum Beispiel Unterdeck-
bahn mit verklebten Nähten und Stößen) und mindert Luftströmungen von außen nach innen.“ Weiterhin empfehlen die Fachregeln des Zentralverbands des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH) für bei Unterschreiten der Regeldachneigung oder weiteren erhöhten Anforderungen an das Dach zusätzliche Maßnahmen. Dazu zählen verklebte oder verschweißte Unterdächer beziehungsweise verklebte Unterdeckungen, was faktisch zu einem winddichten Dach führt. „Jeder qualitätsbewusste Zimmermann sollte seinem Bauherrn die winddichte Dachausführung generell anbieten und empfehlen“, betont Frankenhauser. „Denn mögliche Bauschäden oder Reklamationen ärgern nicht nur den Kunden, sondern würden auch auf uns als Betrieb zurückfallen.“

 

Handwerker sollte auf geprüfte Systemprodukte achten

Die außen liegende winddichte Schicht wird mit Unterspann-, Unterdeckbahnen sowie Unterdachplatten aus Holzwerkstoff ausgeführt. Diese Materialien stellen einen Widerstand gegen Wasser (zum Beispiel Schlagregen während der Zeit der Behelfseindeckung) dar. Zusätzlich sind sie aber durch einen niedrigen Sperrwert gegen Wasserdampfdiffusion (sd-Werte kleiner als 0,5 m) gekennzeichnet. Die Anforderungen an das flächige Material müssen natürlich auch auf die verwendeten Klebematerialien übertragen werden. Dem entsprechend muss ein Klebemittel im Außenbereich ausreichend widerstandsfähig bei Schlagregenereignissen sein. Hier empfiehlt es sich als Handwerker nur geprüfte Systeme zu verwenden. Die Klebeprodukte von Siga für den Einsatz im Außenbereich haben zum Beispiel ein Prüfzeugnis zur Schlagregensicherheit durch die TU Berlin vorzuweisen. „Mit ausgereiften und geprüften Produkten kann ich eine fachgerechte Umsetzung der winddichten Ebene sicherstellen.“, sagt Frankenhauser.

Im Bereich der winddichten Verklebung von Plattenmaterialien fordern die Fachregeln des deutschen Dachdeckerhandwerks den Einsatz von Klebebändern mit einer Mindestbreite von 100 mm. Gerade aber auch im Bereich von Grat- oder Kehlverklebungen kann die Verwendung von noch breiteren Bändern dem Handwerker die Arbeit erleichtern und sofort zu einer sicheren Verklebung führen. Beim Einsatz auf Holzwerkstoffplatten ist gegebenenfalls die Vorbehandlung des Untergrundes mit einem lösemittelfreien Primer zu berücksichtigen. Ergänzt wird ein geeignetes System für die winddichte Verklebung im Außenbereich mit einer Klebemasse. Hiermit lassen sich regensichere und winddichte Anschlüsse an massive Bauteile, wie aufgehendes Mauerwerk oder Einlaufbleche schnell und sicher herstellen.

 

Fazit: keine Billigware verwenden  

Es besteht kein Zweifel, dass Hersteller von Produkten für Dach und Fassade, Planer und ausführende Handwerker heute technisch in der Lage sind, die Gebäudehülle mit einer winddichten Schicht auszustatten. Der Markt bietet nicht nur für die Luftdichtheit, sondern auch für die Winddichtheit geeignete Materialien und Planungskonzepte an. Die Winddichtheit verbessert den Wärmeschutz der Dämmstoffe und ist ein Qualitätskriterium des Dachaufbaus. Sie wird immer auf der Außenseite der Dämmung ausgeführt und durch ein dauerhaftes Verkleben der Unterdächer erreicht. Dies entspricht den aktuellen, allgemein anerkannten Regeln des Bauens. Bei den zu verwendenden Produkten ist Georg Frankenhauser zufolge aber Vorsicht geboten: „Jeder Handwerker sollte sich die kritische Frage stellen, ob von der Industrie beworbene Produkte wirklich das halten können, was sie versprechen. Denn es ist viel Billigware im Umlauf, bei der die Gebrauchsanleitung schon stutzig macht.“

 

Autor

Jörg Wollnow ist Produktmanager bei Siga im Schweizerischen Ruswil.

Die Begriffe Winddichtheit und Luftdichtheit werden oft verwechselt

Das Klebeband übernimmt die Funktion eines geschlossenen Reißverschlusses

Die absolut dichte Verklebung erfüllt neben der Windichtigkeit auch die Funktion eines regensicheren Unterdachs

Wie Klebebänder sein sollten

Ein für den Handwerker taugliches, also einfach zu verarbeitendes Klebeband im Außenbereich, sollte folgende Eigenschaften aufweisen:

Ein sehr flexibles, anschmiegsames Trägermaterial erlaubt ein schnelles Arbeiten und ein sicheres Verkleben an kniffligen Details wie Rohrdurchdringungen oder Dachfenstern. Auf den langen Überlappungen der Bahnen sind jederzeit problemlos Richtungskorrekturen möglich, weil sich die Stöße der überlappenden Bahnen durch das flexible Klebeband deutlich abzeichnen. Der Dachdecker sieht genau, wo er klebt! Auf langen Strecken kann das Klebeband direkt von der Rolle verarbeitet werden.

Eine dauerhafte und extrem starke Klebkraft ist im Außenbereich Pflicht. Das Band muss bei extremeren Klimabedingungen wie einer Winterbaustelle mit Temperaturen ab -10 °C verarbeitet werden und auch bei extremen Hitzebedingungen auf dem Dach sicher und fest kleben können.

Das Klebeband sollte diffusionsoffen sein, weil dadurch jeglicher Kondenswasserstau unter den Verklebungen wirksam verhindert wird.

Die absolut dichte Verklebung erfüllt die Funktion eines temporär regensicheren Unterdachs und schützt damit das Gebäude schon in der Bauphase. Eine hohe UV-Beständigkeit erlaubt bis zu zwölf Monate Freibewitterung.

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