Dachstuhlsanierung mit Profiwerkzeugen

„Morsches“ Holz – also Holz in fortgeschrittenem Zersetzungsstadium – kann den statischen Belastungen eines Bauwerks nicht standhalten. Damit herrscht Gefahr für Leib und Leben, weshalb eine schnelle und vor allem sachkundige Sanierung mit geeigneten Elektrowerkzeugen notwendig ist.

Die Zersetzung von Holz über Pilze ist ein normaler und notwendiger Kreislauf in der Natur um dem Boden die erforderlichen Nährstoffe zurückzuführen. Findet dieser Prozess allerdings in Gebäuden statt, liegt ein ernsthaftes Problem vor.

Im Dachstuhl der Martinskirche in Filderstadt-Sielmingen bei Stuttgart hat die oben beschriebenen Holzzersetzung den Dachstuhl angegriffen. Zudem haben verschiedene An- und Umbauten sowie Kriegsschäden mit kleinen Brandstellen ihre Spuren hinterlassen. Undichte Stellen in der Dacheindeckung führten im Bereich der Schwellen des Dachstuhls, der im 14. Jahrhundert als Kombination aus Hänge- und Sprengwerk errichtet wurde, zum Pilzbefall und damit zur Zersetzung des Holzes. Mit der Zeit wurden die Zugverbindungen an den Mauerköpfen so stark geschädigt, dass der Dachstuhl die Kirchenmauern auseinander drückte. Um eine weitere Schädigung des Gebäudes zu vermeiden wurde deshalb eine umfangreiche Sanierung in Auftrag gegeben.

Den Auftrag, Sparren, Schwellen und Balkenköpfe oberhalb des Kirchenschiffes auszutauschen, bekam das Unternehmen Holzbau Kleiner aus Wolfschlugen. Dabei war Zimmermeister Christoph Deyle für die Baustelle zuständig.

Nach DIN 68800 Teil 4, Abs. 2 müssen Hölzer im Gebäude vor der Sanierung durch Sachverständige begutachtet und das Untersuchungsergebnis in schriftlicher Form festgehalten werden. In dem Gutachten sind alle sanierungsbedürftigen Bereiche erfasst und bilden somit den „Sanierungsfahrplan“ und die Checkliste zugleich. In diesem Fall forderte das Gutachten, dass alle schadhaften Stellen entfernt werden. Der Austausch von Balken, Schwellen und Sparren erfolgte bei diesem Projekt in enger Zusammenarbeit mit dem Statikbüro Schilling+Kallenbach in Stutt-gart. Für jede Einbausituation gab der Statiker eine exakte Vorgabe hinsichtlich Holzquerschnitt, Blattausführung, Verdübelung aber auch über notwendige Abstützungen um einen etwaigen Einsturz des Dachstuhls zu verhindern.


Das Statikbüro begleitete die Bauausführungen

Durch Vorgaben des Denkmalschutzes sollte bei der Martinskirche möglichst viel historische Bausubstanz erhalten werden. Daher wurde zunächst der geschädigte Bereich unter Einhaltung der Abstandsmaße rechtwinklig ausgetrennt. Hierfür gibt die DIN 68800 Teil 4 genaue Vorgaben, welche Zonen über die schadhafte Stelle hinaus entfernt werden müssen. So ist zum Beispiel beim Hausschwamm für den sogenannten „Gesundschnitt“, ein Bereich von einem Meter über den Befall hinaus zu entfernen. Bei dem Hausporling, wie im vorliegenden Fall, sind 30 cm ausreichend.

Danach wird längs zum Bauteil ein Blatt eingeschnitten, welches eine einfache Verbindung von neuem und altem Holz, sowie eine perfekte Übertragung der Schublasten ermöglicht. Vorgaben, wie das Blatt ausgeführt werden muss, kommen vom Statiker beziehungsweise sind in der DIN 1052 definiert. Danach wird das Gegenstück vom Blatt aus neuem Holz gefertigt und eingesetzt. Damit die Verbindung formschlüssig ist, das heißt die beiden Blätter perfekt aufeinander passen, sind exakt winklige Schnitte notwendig.


Einsatz von Profi-Elektrowerkzeugen bei der Sanierung

Der Zimmerermeister Christoph Deyle nutzte hierfür die UniverS von Protool, eine Kombination aus Kettensäge und Kreissäge. Durch den Führungstisch und bei Bedarf der passenden Schiene sind exakt winklige Schnitte – auch Gehrungsschnitte bis 60° – möglich. Die Maschine ist trotz 200 mm Schnitttiefe mit 7,5 kg sehr leicht und damit auch in den kniffligsten Sägesituationen noch gut zu beherrschen. Darüber hinaus kann die UniverS auch zur Bearbeitung von druckfesten Dämmstoffen wie Holzfaser- oder PUR/PIR-Platten eingesetzt werden.

Die Verdübelung der beiden Blätter erfolgt bei diesem Objekt mit Holzdübeln mit bis zu 28 mm Durchmesser. Hierfür werden im Bereich der Überblattung Löcher nach den exakten Vorgaben des Statikers hinsichtlich Anzahl und Position gebohrt, PU Leim eingebracht und die Dübel eingeschlagen. Da für die Bohrungen der Dübellöcher vorwiegend zwischen dem Gebälk oder im Schwellenbereich direkt unter der Dachfläche gearbeitet werden musste, stand zu wenig Platz für herkömmliche Bohrmaschinen zur Verfügung. Für solche Zwecke hat die Zimmerei Kleinert die DRP 20 von Protool seit Jahren im Maschinenbestand. Das Gerät ist je nach Bedarf eine normale Bohrmaschine oder eine Winkelbohrmaschine. Das Bohrfutter kann werkzeuglos abgenommen und durch den Winkelkopf ersetzt werden. Für Christoph Deyle gibt es bei Arbeiten in Engstellen keine bessere Maschine. „Das Gerät ist durchzugsstark und flexibel, damit komme ich überall hin“, sagt der Zimmermeister.


Exaktes Arbeiten mit der Schwertsäge

Die Schwellen im Dachstuhl liegen schräg um die Dachneigung gekippt auf der Balkenlage der Decke auf. Das heißt die Kerven sind nicht im Sparren sondern in der Balkendecke eingelassen. Damit musste beim Austausch eines Balkenkopfes neben dem Blatt noch eine Kerve in das einzusetzende Stück Holz eingebracht werden. Hierfür wurde wieder die UniverS genutzt. Das Schwert steht im 90° Winkel zum Führungstisch und erlaubt damit – auch dank der präzisen Schnittanzeiger – ein exaktes Aussägen der Kerve und damit individuelles an- und einpassen des neuen Bauteils.

Alle neuen Holzbauteile beziehungsweise mindestens der erste Laufmeter vom Schnitt aus, müssen mit einem vorbeugenden Holzschutzmittel gegen holzzerstörende Pilze nach DIN 68800 Teil 3 (Prüfprädikat „P“) behandelt werden.


Aufwändige Arbeiten – kein Balken wie der andere

Die Arbeiten in der Kirche waren sehr aufwändig und wurden im Oktober abgeschlossen. „Kein Arbeitsschritt, kein Sparren, keine Schwelle und kein Balken war wie der andere“, erzählt Zimmermeister Deyle rückblickend. Eine Sanierung solchen Ausmaßes erfordert vom Zimmerer großes Fachwissen, Geschick und Improvisationsvermögen. Die Kosten für den Auftraggeber sind beträchtlich, aber notwendig um das Gebäude und ein gutes Stück historische Handwerkskunst vor dem Verfall zu bewahren.


Autor


Andreas Buck ist Produktmanager bei Protool.


Hölzer in Gebäuden müssen vor der Sanierung durch Sachverständige begutachtet werden

Interview mit dem Autor, Andreas Buck

„Sanierungen sind sehr individuell“

dach + holzbau: Herr Buck, gibt es Sanierungskniffs, die allgemein Gültigkeit haben?

Andreas Buck: Sanierungen sind immer sehr individuell. Leider gibt es daher kaum allgemein gültige Kniffs oder Regeln, die immer Anwendung finden können.

Aber hinsichtlich des Maschineneinsatzes gibt es doch sicher einen Tipp von Ihnen, oder?

Was zählt ist Leistung und Flexibilität. Leistung, da im Sanierungsfall häufig Hartholz anzutreffen ist. Flexibilität vor allem deshalb, damit die Maschinen in verschiedensten Arbeitssituationen eingesetzt werden können. Die QuaDrill und QuaDrive Maschinen von Protool eignen sich hierfür besonders, denn die Maschinen sind nicht nur Bohrmaschine oder Schrauber, sondern bieten durch das Schnellwechselsystem die Möglichkeit die Maschinen werkzeuglos in gleich fünf verschiedene Typen umzubauen und das in Sekundenschnelle.

Gibt es bei Sanierungen von denkmalgeschützten Häusern wichtige Dinge zu beachten?

Die zentrale Aufgabe bei der Denkmalsanierung ist Erhaltung von möglichst viel historischer Bausubstanz. Die Bestimmung sanierungsbedürftiger Bauteile obliegt dem Statiker.

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