Betriebsübernahme – so geht´s

Geld, Macht und Emotionen – das Thema Nachfolge kann gerade in Familienbetrieben ein brisantes Gemisch werden. Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie es gehen kann und welche Dinge beachtet werden sollten, damit die Betriebsübergabe gut klappt.

Natürlich ist Zimmermeister Willi Hauser letztendlich froh, dass sein Sohn sich für die Übernahme des Betriebs entschieden hat. Doch dass es so kam, war für den 54-jährigen keineswegs selbstverständlich, denn Druck wollte er keinen ausüben: „Je mehr Zwang da ist, desto schlechter ist es für alle Beteiligten.“ So war die Zimmerei zwar von Beginn an ein klassischer Familienbetrieb, in dem Sohn Florian durch seine Eltern schon früh Unternehmerluft schnuppern durfte, doch Willi Hauser und seine Frau haben die Vorzüge und Nachteile der Selbständigkeit realistisch vorgelebt: „Wenn ich jeden Tag den großen Jammerer spiele hat mein Sohn natürlich keine Lust zur Übernahme“, so Hausers Argumentation.

Die ersten 15 Jahre haben seine Frau und er praktisch ohne größere Auszeiten durchgearbeitet, doch dann lief der Betrieb soweit rund, dass er den Chef ein paar Wochen entbehren konnte. Für Willi Hauser ist der Urlaub ein wesentlicher Baustein seiner Selbständigkeit: „Es kann nicht sein, dass ich bis 70 durcharbeiten muss, auch ein Unternehmer braucht Raum für Familie, Freunde und Hobbys“, sagt Hauser. Drei bis vier Wochen Auszeit gönnt er sich inzwischen pro Jahr, um mit seiner Frau im Wohnmobil die Schönheiten Europas zu erkunden. Wenn Sohn Florian in den nächsten Jahren zunehmend Aufgaben im Betrieb übernimmt, möchte der Seniorchef gerne zweimal jährlich für einen Monat die Verantwortung komplett abgeben. Im Gegensatz zu vielen Unternehmerkollegen hat Hauser kein Problem damit, Aufgaben zu delegieren: „Ich bin froh um alles, was ich nicht tun muss“, sagt er.  

Seit er sich gemeinsam mit seinem Sohn zum Beitritt beim Handwerkernetzwerk Einer.Alles.Sauber. entschlossen hat, konnte der Allgäuer mit den Unternehmenskollegen schon über viele Themen diskutieren, „die man sonst“ – so Hauser – „wahrscheinlich nicht angesprochen hätte“. Den zusätzlichen Input aus der Gruppe bezeichnet Hauser als „Riesengewinn“. Ihm gefällt besonders das gegenseitige Geben und Nehmen der Mitglieder. Zwei Mal im Jahr gibt es sogenannte Partnertreffen (für den Erfahrungsaustausch und die Weiterbildung), wo sich die Kollegen zusammensetzen und in der Gruppe diskutieren. Daraus ergeben sich auch konkrete Fragen und Tipps, unter anderem auch für die Unternehmensnachfolge.  

 

Der Nachfolger – Florian Hauser (30 Jahre)

Nach kurzer Zeit im Gymnasium war Florian Hauser klar, dass eine handwerkliche Ausbildung der bessere Weg für ihn ist. Also wechselte er auf die Realschule, machte anschließend eine Lehre zum Zimmermann im elterlichen Betrieb und studierte später in Rosenheim Holzbau. „Natürlich haben meine Eltern viel gearbeitet, doch der Betrieb war nie eine Last für die Familie und es gab keinen Zwang zum Einstieg“, erinnert sich der 30-jährige an die Freiheiten in seiner Jugend. So haben es die Eltern zwar gern gesehen, dass ihr Sohn in den Betrieb einsteigt, doch die Familie hätte auch einen anderen Lebensweg akzeptiert: „Mein Bruder“, erzählt Florian Hauser, „ist Berufsmusiker geworden, das war überhaupt kein Problem.“

Um nach dem Studium Erfahrungen zu sammeln und über den eigenen Tellerrand hinauszublicken, arbeitete Florian Hauser zunächst ein Jahr in einem großen Zimmereibetrieb in Österreich, bevor er wieder zurück ins Allgäu ging. Natürlich haben er und sein Vater oft unterschiedliche Auffassungen darüber, wie etwas umgesetzt werden soll: „Mein Vater“, so Florian Hauser, „hat einen riesigen Erfahrungsschatz, ich bin dafür in Sachen Technik auf einem aktuelleren Wissensstand.“ Da beide wissen, dass sich die Entscheidungsqualität durch die Kombination ihrer Talente enorm verbessert, lassen sie die Meinung des anderen immer zu. Ein Vorbild ist der Senior für ihn bei der Mitarbeiterführung: „Wir haben ein sehr gutes Betriebsklima, da nehme ich mir als Sohn gerne ein Beispiel am Führungsstil meines Vaters.“

Gute Gesprächskultur in der Netzwerkgruppe

Es ist also ein Geben und Nehmen, genau so wie im Netzwerk Einer.Alles.Sauber. Besonders die Partnertreffen seien „Gold wert“, sagt Florian Hauser. „Hier haben wir uns ganz viele Anregungen von anderen Kollegen für die Betriebsübergabe geholt.“  

Über die Mitgliedschaft bei dem Netzwerk für Handwerker Einer.Alles.Sauber. haben Senior und Junior gemeinsam entschieden. „Wir wollten aus dem Ausschreibungsgeschäft und damit dem Preiskampf raus und mehr auf Qualität setzen“, erklärt Florian Hauser. Gleich nach dem ersten Treffen haben sie sich bei der Gruppe sehr wohl gefühlt und ein Gespür dafür bekommen, wie wertvoll der offene Erfahrungsaustausch für die Zukunft des Allgäuer Familienbetriebs ist. Generell fördere der Dialog im Netzwerk bei allen Beteiligten die Toleranz und Offenheit für Neues, so dass Florian Hauser nach dem Ausscheiden seines Vaters keine Veranlassung sieht, irgendetwas komplett anders zu machen als heute: „Da der Betrieb durch die Mitgliedschaft bei Einer.Alles.Sauber. wirtschaftlich gut dasteht, fällt es meinem Vater natürlich leichter, wirklich loszulassen“, sagt Florian Hauser und ist sich damit sicher, dass die Übergabe reibungslos klappt.

Tipps für den Übergeber des Betriebes 

1. Legen Sie für sich Ihren persönlichen Wunschtermin zum Ausstieg fest und beginnen Sie spätestens fünf Jahre vorher mit der Planung der Übergabe. Sprechen Sie als Erstes darüber mit der Familie und/oder mit dem potenziellen externen Nachfolger. 

2. Bevor Sie sich entscheiden: Analysieren Sie ohne Vorbehalte die Stärken und Schwächen des Kandidaten, auch wenn er aus der Familie kommt. Entwickeln Sie einen individuellen Weiterbildungsfahrplan und beurteilen Sie möglichst ohne Scheuklappen, ob der ins Auge gefasste Nachfolger wirklich das Potenzial zum Unternehmer hat.  

3. Geben Sie dem Nachfolger früh klare Aufgaben- und Verantwortungsbereiche und versuchen Sie wenig hineinzureden. Eine gute Strategie dabei ist es, ihm/ihr zunächst die Betreuung langjähriger Kunden zu überlassen. Von dort erhalten Sie in der Regel ein offenes Feedback und sie springen auch nicht gleich ab, wenn etwas nicht so gut läuft.  

4. Damit sich die Kunden und Lieferanten langsam an einen neuen Ansprechpartner gewöhnen können, sollte Sie der Nachfolger Schritt für Schritt zu Gesprächen begleiten. Das gilt insbesondere für langfristige Vereinbarungen, etwa mit der Bank.  

5. Wenn die Geschäfte gut gelaufen sind dürfen Sie dem Firmenchef in spé gerne auch eine Erfolgsprämie überlassen. Dann spürt er bereits, wie schön es ist, Gewinne zu erzielen.   

6. Nach dem Übertragen einzelner Aufgaben sollte die Verantwortung für einzelne Betriebsbereiche oder Geschäftsfelder folgen. Das kann stufenweise geschehen und soll vor allem dazu dienen, auch die finanzielle Verantwortung zu „üben“. Erarbeiten Sie, zusammen mit dem Übernehmer, eine optimale steuerliche und rechtliche Gestaltung. 

7. Halten Sie den eigenen Zeitplan zur Übergabe möglichst penibel ein. Auch wenn es schwer fällt: Lösen Sie sich Stück für Stück vom Betrieb und suchen Sie sich eine erfüllende Aufgabe für die neu gewonnene Freizeit. Gehen Sie dann zum verabredeten Termin – endlose Hängepartien strapazieren nur unnötig die Nerven aller Beteiligten.


Tipps für den Nachfolger des Betriebes 

1. Prüfen Sie genau, ob der Betrieb ausreichend Gewinne abwirft oder ob er wenigstens das Potential dazu hat. Analysieren Sie dazu die Reserven im Bereich Marktstrategie, Organisation und Kundenmanagement. Besprechen Sie die letzten Bilanzen gemeinsam mit dem Steuerberater und stellen Sie sicher, dass Sie den Betrieb möglichst schuldenfrei übernehmen können.  

2. Klären Sie, was der Betrieb kostet und welche laufenden Zahlungen an den Übergeber anfallen. Erstellen Sie nach Rücksprache mit der Hausbank einen realistischen Finanzierungsplan.  

3. Finden Sie ihren eigenen Weg der Betriebsführung und orientieren Sie sich dabei an Ihren persönlichen Stärken und Vorlieben. Nutzen Sie die Erfahrung des Vorgängers und anderer Nachfolger und nehmen Sie Veränderungen behutsam Schritt für Schritt vor. Delegieren Sie Aufgaben, die ihnen nicht liegen, an einen Mitarbeiter. 

4. Bestehen Sie von Beginn der Nachfolgephase an auf klare Hierarchien, Verantwortungs- und Kompetenzbereiche. Nutzen Sie die Chance, schrittweise Verantwortung zu übernehmen. Am besten zunächst in einem Bereich, der zu Ihren Stärken zählt. 

5. Auch als Nachfolger müssen Sie sich die Akzeptanz bei den Mitarbeitern erst erarbeiten. Stellen Sie sich deshalb auf Konflikte mit einzelnen Mitarbeitern ein, bei denen Sie letztendlich die Oberhand behalten sollten.  

6. Analysieren Sie möglichst selbstkritisch Ihre Fähigkeiten: Was kann ich schon – wo muss ich mich noch weiter bilden? Erstellen Sie – idealerweise in Absprache mit dem Übergeber – einen Weiterbildungsplan.  

7. Gerade zu Beginn brauchen Sie die volle Unterstützung der Familie: Akzeptiert Ihre Frau/Partnerin das gegenüber einer Festanstellung als Arbeitnehmer gestiegene Arbeitspensum? Ist Sie bereit, Ihnen in kritischen Zeiten „den Rücken frei“ zu halten?   

 

Autor


Josef Berchtold ist einer der Geschäftsführer von Einer.Alles.Sauber.

Seine neu gewonnene Freizeit nutzt Senior-Chef Willi Hauser zum Reisen mit dem Wohnmobil

Zimmerei Hauser – ein Allgäuer Familienunternehmen 

Zimmerei Hauser GmbH & Co.KG

Wiedemen 158

87659 Hopferau 

Firmenchefs Willhelm und Florian Hauser

Mitarbeiter 10 Facharbeiter und 2 Meister, 3,5 im Büro (inkl. Chefs), 1 Azubi

Partner bei Einer.Alles.Sauber. seit Dezember 2006

Einer.Alles.Sauber
Zu Einer.Alles.Sauber. (Leistungsgemeinschaft für Eigenheimmodernisierung) gehören bundesweit 87 Partner. Ziel der beiden Geschäftsführer, Paul Meyer und Josef Berchtold, ist es, den Partnern ein Leistungspaket zu bieten, mit dem sie die Modernisierung von Eigenheimen zu ihren Wunschpreisen durchführen können. Zielgruppe sind 50 bis 60-jährige Hausbesitzer, die eine Abwicklung der Leistung aus einer Hand sowie einen besonderen Service schätzen. Infos zum System unter www.eas-system.de.   

Tipps für den Übergeber des Betriebes

 

1. Legen Sie für sich Ihren persönlichen Wunschtermin zum Ausstieg fest und beginnen Sie spätestens fünf Jahre vorher mit der Planung der Übergabe. Sprechen Sie als Erstes darüber mit der Familie und/oder mit dem potenziellen externen Nachfolger.

 

2. Bevor Sie sich entscheiden: Analysieren Sie ohne Vorbehalte die Stärken und Schwächen des Kandidaten, auch wenn er aus der Familie kommt. Entwickeln Sie bei Bedarf einen individuellen Weiterbildungsfahrplan und beurteilen Sie möglichst ohne Scheuklappen, ob der ins Auge gefasste Nachfolger wirklich das Potenzial zum Unternehmer hat.

 

3. Geben Sie dem Nachfolger früh klare Aufgaben- und Verantwortungsbereiche und versuchen Sie möglichst wenig hineinzureden. Eine gute Strategie dabei ist es, ihm/ihr zunächst die Betreuung langjähriger Kunden zu überlassen. Von dort erhalten Sie in der Regel ein offenes Feedback und sie springen auch nicht gleich ab, wenn etwas nicht so gut läuft.

 

4. Damit sich die Kunden und Lieferanten langsam an einen neuen Ansprechpartner gewöhnen können, sollte Sie der Nachfolger Schritt für Schritt zu wichtigen Gesprächen begleiten. Das gilt insbesondere für langfristige Vereinbarungen, etwa mit der Bank. Sinnvoll ist es auch, ihm einen offenen Erfahrungsaustausch mit Gleichgesinnten zu bieten, wie er etwa bei Einer.Alles.Sauber. üblich ist.

 

5. Wenn die Geschäfte gut gelaufen sind dürfen Sie dem Firmenchef in spé gerne auch eine Erfolgsprämie überlassen. Dann spürt er bereits, wie schön es ist, Gewinne zu erzielen. 

 

6. Nach dem Übertragen einzelner Aufgaben sollte die Verantwortung für einzelne Betriebsbereiche oder Geschäftsfelder folgen. Das kann stufenweise geschehen und soll vor allem dazu dienen, auch die finanzielle Verantwortung zu „üben“. Erarbeiten Sie, zusammen mit dem Übernehmer, eine optimale steuerliche und rechtliche Gestaltung.

 

7. Halten Sie den eigenen Zeitplan zur Übergabe möglichst penibel ein. Auch wenn es schwer fällt: Lösen Sie sich Stück für Stück vom Betrieb und suchen Sie sich eine erfüllende Aufgabe für die neu gewonnene Freizeit. Gehen Sie dann zum verabredeten Termin – endlose Hängepartien strapazieren nur unnötig die Nerven aller Beteiligten.

 

Tipps für den Nachfolger des Betriebes

 

1. Prüfen Sie genau, ob der Betrieb ausreichend Gewinne abwirft oder ob er wenigstens das Potential dazu hat. Analysieren Sie dazu die Reserven im Bereich Marktstrategie, Organisation und Kundenmanagement. Besprechen Sie die letzten Bilanzen gemeinsam mit dem Steuerberater und stellen Sie sicher, dass Sie den Betrieb möglichst schuldenfrei übernehmen können.

 

2. Klären Sie, was der Betrieb kostet und welche laufenden Zahlungen an den Übergeber anfallen. Erstellen Sie nach Rücksprache mit der Hausbank einen realistischen Finanzierungsplan.

 

3. Finden Sie ihren eigenen Weg der Betriebsführung und orientieren Sie sich dabei an Ihren persönlichen Stärken und Vorlieben. Nutzen Sie die Erfahrung des Vorgängers und anderer Nachfolger und nehmen Sie Veränderungen behutsam Schritt für Schritt vor. Delegieren Sie Aufgaben, die ihnen nicht liegen, an einen Mitarbeiter.

 

4. Bestehen Sie von Beginn der Nachfolgephase an auf klare Hierarchien, Verantwortungs- und Kompetenzbereiche. Nutzen Sie die Chance, schrittweise Verantwortung zu übernehmen. Am besten zunächst in einem Bereich, der zu Ihren Stärken zählt.

 

5. Auch als Nachfolger müssen Sie sich die Akzeptanz bei den Mitarbeitern erst erarbeiten. Stellen Sie sich deshalb auf Konflikte mit einzelnen Mitarbeitern ein, bei denen Sie letztendlich die Oberhand behalten sollten.

 

6. Analysieren Sie möglichst selbstkritisch Ihre Fähigkeiten: Was kann ich schon – wo muss ich mich noch weiter bilden? Erstellen Sie – idealerweise in Absprache mit dem Übergeber - einen Weiterbildungsplan.

 

7. Gerade zu Beginn brauchen Sie die volle Unterstützung der Familie: Akzeptiert Ihre Frau/Partnerin das gegenüber einer Festanstellung als Arbeitnehmer gestiegene Arbeitspensum? Ist Sie bereit, Ihnen in kritischen Zeiten „den Rücken frei“ zu halten? 

 

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