Büros mit Blick auf das Gartendeck: Begrünung des Erste Campus in Wien

Von der Tiefgarage bis zum Dach: Die Konzernzentrale „Erste Campus“ in Wien ist auf allen Ebenen begrünt. Nicht nur die Verkehrslasten von Bäumen mussten bei der Begrünung des „Gartendecks“ eingeplant werden, sondern auch die Lasten von Kleinbaggern zum Setzen der Bäume.

Der „Erste Campus“ in Wien soll die Stadt mit der Natur verbinden, so die Idee der Architekten. Die vier Bürogebäude auf dem ehemaligen Gelände des Wiener Südbahnhofs sind der Hauptsitz des Finanzdienstleisters Erste Group. In der Mitte der Gebäude und auf den Dächern liegen aufwendig gestaltete Landschaftsgärten. Außerdem fällt auf allen Ebenen durch große Fenster Licht in die Bürotürme.

Die geschwungene Architektur der Gebäude schafft eine Offenheit, die einladend und naturverbunden wirkt. Durch die Grünräume ist eine urbane Stadtlandschaft entstanden, die nicht nur den Mitarbeitern der Erste Group offensteht. Die Erdgeschosszonen sind öffentlich zugänglich und stehen durch ein vielfältiges gastronomisches Angebot allen Besuchern offen. Bei dem Bau des „Erste Campus“ stand das Ziel im Vordergrund, die Erste Group von mehr als zwanzig über ganz Wien verteilten Niederlassungen auf einen einzigen Standort zusammenzuführen.

Heimische Hölzer für die Fassade

Bereits bei der Planung und der Auswahl der Materialien legte man großen Wert auf Nachhaltigkeit. Beispielsweise stammen die Hölzer für die Fassade aus nachhaltiger Holzwirtschaft aus heimischen und mitteleuropäischen Wäldern. Bei den Bauarbeiten wurde außerdem zu 100 Prozent grüner Strom bezogen.

Fernwärme und Betonkernaktivierung

Das Gebäude wird gekühlt und erwärmt durch eine Betonkernaktivierung. Sie wird gespeist aus Geothermie-Betonpfählen, die unter dem Gebäude im Boden verankert sind. Die Geothermiepfähle übertragen die im Erdreich gespeicherte Wärme über eine Wärmepumpe an die Heizung des Gebäudes. Die Wärmepumpe kann im Sommer dem Gebäude anders herum auch Wärme entziehen und in den Boden abgeben. Eine LED-Beleuchtung und eine Energierückgewinnung bei den Aufzugsystemen runden das Gebäudekonzept ab.

Begrünte Dächer auf vier Ebenen

Die Dachbegrünungen auf den verschieden Dachebenen reichen von der begrünten Tiefgarage bis zum zwölften Obergeschoss. Dabei sind etwa 14 000 m² Dachflächen begrünt. Die Planung der Dachbegrünung lag in den Händen der Landschaftsarchitekten Atelier Auböck + Kárász aus Wien. Unterstützt wurden die Planer durch die Landschaftsarchitektin Gundula Dyk. Sie vertritt den Dach- und Fassadenbegrünungsanbieter Optigrün International AG in Österreich.

Mittelpunkt und Blickfang ist der begehbare, etwa 6000 m² große Dachgarten auf dem zweiten Obergeschoss, dem sogenannten „Gartendeck“. Von vielen der Büros am „Erste Campus“ hat man einen Blick auf diese Gartenfläche. Der Dachgarten besteht aus Rasen, Sträuchern, Bäumen und Plattenbelägen. Die Wege sind so angelegt, dass sich die Grünflächen bequem umrunden lassen. Auch die große Verkehrsfläche im Zentrum der Dachfläche ist durchsetzt von Bäumen, so dass selbst im Sommer ein Aufenthalt im Freien gut möglich ist. Aber nicht nur tagsüber, auch Abends und in Jahreszeiten mit weniger Tageslicht lässt sich die Dachlandschaft nutzen: LED-Lampen sorgen dann für die ausreichende Beleuchtung. So wird das begrünte Dach eine Naherholungsfläche, die das ganze Jahr den Mitarbeitern in den Pausen zur Verfügung steht, um sich die Füße zu vertreten.

Vier Schichten unter den Bäumen

Bei Baumpflanzungen sind generell höhere Substrataufbauten notwendig. Ab etwa 40 cm Substrathöhe verlegt man zusätzlich ein Untersubstrat zwischen Dränageschicht und Intensivsubstrat. So sollen Zersetzungsprozesse vermieden werden. Man spricht dann auch von einer vierschichtigen Bauweise aus Dränageelement, Filterschicht, Untersubstrat und Vegetations-Tragschicht. Um noch mehr Gewicht einzusparen, wurde Schaumglasschotter als Dränagematerial verwendet. Der Aufbau der intensiv begrünten Flächen auf dem Gartendeck und der Tiefgarage oberhalb der wurzelfesten Dachabdichtung sieht mit der  Systemlösung „Landschaftsdach“ folgendermaßen aus:

Schutz- und Speichervlies

etwa 8 - 20 cm Schaumglasschotter als Dränage

Filtervlies „Typ 105“

bis zu 40 cm Untersubstrat „Typ U“

30 - 50 cm Intensivsubstrat „Typ i“

Stauden-Gehölz-Vegetation


Kleinbagger und Kompaktlader

Um einen solchen Aufbau zu ermöglichen, waren neben Schnee- und Verkehrslasten zusätzliche Flächenlasten für den Gründachaufbau und Einzellasten für die Bäume anzusetzen. Für den Begrünungsaufbau plante man bis zu 1500 kg/m² Verkehrslasten ein und für jeden Baum je nach Art und Größe etwa 400 - 1500 kg. Die Baumpflanzungen waren sowohl vom Schichtaufbau als auch von der Logistik vor Ort eine Herausforderung. So kamen für die Pflanzarbeiten auf der Dachfläche Kleinbagger, Dumper und Kompaktlader zum Einsatz, deren Gewicht von je etwa 1500 kg statisch zusätzlich berücksichtig werden musste. Die Bäume wurden jeweils in eigene Pflanzgruben ins Unter- und Intensivsubstrat gesetzt und durch die vorhandenen Baustahlgittermatten und drei geschlossene Polyestergewebeschlaufen gesichert.

Feldahorn, Waldkiefer und Kirschen

Auf dem Gartendeck wurden fast 60 Bäume gesetzt, darunter Feldahorn, Waldkiefer, Baum-Hasel und Kirschen in verschiedenen Sorten. Alle Intensivbegrünungen und die Pflanzgefäße werden automatisch bewässert. Die oberen Dachflächen in Höhen von etwa 30 - 50 m sind auf über 8000 m² extensiv begrünt. Der Gründachaufbau ist nach der Optigrün-Systemlösung „Naturdach“ erstellt und sieht folgendermaßen aus:

Schutz- und Speichervlies „Typ RMS 500“

Festkörperdränage „Typ FKD 40“

Filtervlies „Typ 105“

11 cm Extensivsubstrat „Typ E“

Vegetationsmatte Sedum-Gras-Kraut

Im Bereich der Terrassen im neunten und 13. Obergeschoss wurden zudem zehn große Pflanzgefäße – ebenfalls von Optigrün – eingebaut.

Fazit

Unweit vom Wiener Stadtzentrum arbeiten in der neuen Konzernzentrale der Erste Group etwa 4500 Mitarbeiter. Auf verschiedenen Ebenen wurden dabei über 14 000 m² Dachbegrünung verwirklicht. Highlight dabei ist das Gartendeck mit einer 6000 m² großen, begehbaren Intensivbegrünung mit Rasen und Bäumen. Weitere Informationen finden Sie unter www.erstecampus.at.

Autor

Dr. Gunter Mann leitet die Marketingabteilung der Optigrün international AG in Krauchenwies-Göggingen.

Bautafel (Auswahl)

Projekt Begehbarer Dachgarten und Dachbegrünung für die Konzernzentrale der Erste Group, Wien

Bauherr Erste Group Bank AG, A-1100 Wien

Architekt Henke Schreieck Architekten ZT GmbH, A-1070 Wien, www.henkeschreieck.at

Landschaftsarchitektur Atelier Auböck + Kárász, A-1070 Wien, www.auboeck-karasz.at

Gründächer Grünwert Garten- und Landschaftsbau GmbH, A-1120 Wien, www.gruenwert.at

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