Sanierung eines Stadthauses in Rottenburg

Die Sanierung eines alten Stadthauses in der Rottenburger Altstadt ist abgeschlossen. Neben dem Neuaufbau des Daches, der Umgestaltung der Fensteröffnungen und grundlegender haustechnischer Erneuerung sanierte man die Fassade. Als Dämmaterial setzte man dafür Holzfaserdämmstoff ein.

Zwei Jahre liegen zwischen Kauf und Sanierung des Doppelhauses in der Rottenburger Innenstadt (Baden-Württemberg). In dieser Zeit wurde vom Bauherrn  Hans-Ulrich Mendl geplant und überlegt, wie das Objekt wieder für drei Familien bewohnbar gemacht werden konnte. Zu beachten gab es hohe Brandschutzauflagen. „Das ist zwar bei der Enge der Altstadt nachvollziehbar, aber es hat auch für einen Kostenanstieg von rund 15 Prozent gesorgt“, berichtet Hans-Ulrich Mendl, der Hausbesitzer und gleichzeitig Geschäftsführer der Zimmerei Stopper aus Rottenburg ist.

Das Haus ist ein Reihenhaus und grenzt direkt an ein Nachbarhaus. Im Grenzbereich des Daches (die letzten 50 cm bis zum Nachbargebäude) kam Mineralwolle (nicht brennbar) statt Holzfasern als Dämmung zum Einsatz. Zudem wurde das komplette Dach mit feuerhemmenden Faserzementplatten verkleidet.

Auch bei der Sanierung im Innern mussten die verschärften Vorschriften eingehalten werden. War im Innenraum zur Erschließung der Geschossebenen zunächst eine Eichentreppe vorgesehen, mussten diese Pläne verworfen werden. Am Ende wurde eine Metalltreppe eingebaut. Ins Geld gingen auch neu eingebaute Brandschutztüren.

Umbau, Ausbau, Neubau

Die schöne zentrale Lage in Rottenburg am Neckar reizte den Bauherrn Hans-Ulrich Mendl zur Investition in das alte Fachwerkgebäude. Insbesondere vom Dachgeschoss haben die zukünftigen Bewohner eine tolle Aussicht auf die Innenstadt und das Bischöfliche Palais.

Im Erdgeschoss des ursprünglichen Hauses war einst eine Schreinerei, das erste und das zweite OG waren zu Wohnungen ausgebaut, der Dachraum dagegen wurde früher nicht genutzt.

Im Zuge der Sanierung bauten die Handwerker das  Dachgeschoss komplett neu auf und begleiteten den  Ausbau. Es ist mit 80 m2 Fläche etwas kleiner als die beiden darunter liegenden sanierten Familienwohnungen mit je 100 m2. Die kompletten Installationen – Heizungssystem inklusive unterstützender ther­mischer Solaranlage, Sanitärinstallationen inklusive neue Bäder – sind neu. Dazu die Elektrik und ein komplett neues Treppenhaus mit neuen Wohnungseingängen. 

Mit der Sanierung wurden die Haustechnik und die Abstellräume im Erdgeschoss untergebracht. Das Heizungssystem besteht aus einer 22 kW Pelletsheizung mit Sauganlage zur Bestückung und einem Solarspeicher von 500 Litern, der von der thermischen Solaranlage unterstützt wird. Der alte Gewölbekeller dient als Lagerraum für etwa acht Tonnen Holz-Pellets.

Fassadensystem-Lösung bei unebenem Untergrund

Der Bauherr Hans-Ulrich Mendl ist im Nachhinein nicht mit allen Entscheidungen und Bauvorschriften glücklich. „Eigentlich wollte ich im Innern noch mehr den Altbaucharakter sichtbar machen und zum Beispiel die alten Sparren hervorheben“, sagt er. Am Ende musste er, wie schon erwähnt, das Dachgeschoss mit brandhemmenden Faserzementplatten beplanken.

Vom Fassaden-Dämmsystem „Gutex Durio“ in Kombination mit „Gutex Implio“ ist Mendl überzeugt. „Das System ist sehr gut geeignet, gerade für Altbauten mit rauem oder losem Putz. Hier muss nicht erst geglättet und ausgebessert werden“, sagt Mendl. Die Metallwinkel – das Herzstück des Durio-Systems – werden bei dem System im besten Fall direkt an die Pfosten des Bestandsfachwerk geschraubt.

Die Fassaden-Bausubstanz – geschätzt aus dem Jahr 1900 – mit einer Kombination aus Fachwerkkonstruktion und grobem Putz (ein sehr minderwertiger Putz mit viel Sandanteil), war sehr uneben und brüchig. Zur Anbringung des Fassadensystems legten die Handwerker zunächst die Fachwerkbalken frei, an denen später die Montagewinkel befestigt wurden. Das bestehende Fachwerk war in sehr gutem Zustand, so dass die senkrechten Ständer zur Befestigung der Montagewinkel und des Schwellenkranzes für die vorgesetzte Holzkonstruktion verwendet werden konnten. An die Montagewinkel wurde dann das unterste Rähm ausgerichtet und befestigt.

Die Stiele der Fassadenkonstruktion werden bei diesem System nicht direkt an der Wand befestigt, sondern liegen auf dem untersten Rähm auf und werden hier verschraubt, meist – wegen Unebenheiten – mit einem gewissen Abstand zur Wand. Die Holzkonstruktion aus Schwellen und Stielen bildet ein stabiles Gerüst, diese trägt die Dämmung und die Fassadenverkleidung. In die Holzkonstruktion bliesen die Zimmerleute des zertifizierten Fachbetriebs die Holzfaserdämmung „Thermofibre“ ein. „Diese Dämmung hat einen ähnlich guten U-Wert wie Zellulose, zudem ist sie leichter und wir konnten die Konstruktion für weniger Lasten auslegen“, erklärt Mendl.

Als abdeckende Dämmplatte montierten die Zimmerleute die „Durio Thermowall“, in 70 mm. Diese Platte wurde später verputzt, kann aber auch beispielsweise als hinterlüftete Holzfassade gestaltet werden.

Wandaufbau vermindert Algenwachstum

Da alle Metall- und Installationsteile mindestens 10 cm stark überdämmt sind, entstehen keine Wärmebrücken. Unter baupysikalischen Aspekten hat die Holzfaser-Beplankung Vorteile, was das Moos- und Algenwachstum anbelangt. Sie kühlt langsamer ab als die Umgebungsluft. Dadurch bildet sich weit weniger Kondenswasser auf der Fassadenoberfläche als bei konventionellen Dämmstoffen. Der Hersteller beschreibt zudem, dass die Fassade aus Holzfaser sehr robust ist, druckfest und langlebig.

Vor der praktischen Anwendung nutzte die Zimmerei das Schulungsangebot des Schwarzwälder Herstellers und schulte drei Personen, um das System kennenzulernen. „Das war eine Chance, diese für unsere Zimmerei neue Lösung am eigenen Objekt zu erproben“ sagt Geschäftsführer Ulrich Mendl. Die gemachten Erfahrungen kommen dem Betrieb bei Kundenaufträgen zu Gute und das Projekt dient auch als Referenz- und Anschauungsobjekt. Bislang hat die Zimmerei Stopper an vier Projekten das Durio-System angewandt.

Holzfaser-Aufdachdämmung

Die besondere Hitzeschutz- und Schallschutz­leistung der Dämmplatten aus Holz wollte der engagierte Bauherr auch im Dachbereich haben. So montierten die Zimmerer als Aufdachdämmung die „Ultratherm“-Holzfaserdämmplatten in 140 mm Dicke. Diese haben sich bei Sturm und Hagel als sehr widerstandsfähig erwiesen und schützen so auch bei extremen Wetterverhältnissen die darunter liegenden Räumlichkeiten. Auf der Sparrenunterseite montierten die Zimmerleute zur Aussteifung der Konstruktion OSB-Platten, bevor dann die feuerhemmenden Faserzementplatten zum Innenraum hin aufgebracht wurden. Die Konstruktion erreicht insgesamt die erforderliche Brandschutzklassifizierung F60.

Schöne Aussicht und angenehmes Wohnen

Es besteht reges Interesse an den Wohnungen. Sowohl die Wohnlage als auch sanierter Altbau sind in Rottenburg begehrt. Außerdem sind die modernen Wohnungen sehr gut ausgestattet. Zum Teil wurde in den Räumen Lehmputz aufgebracht. Zur ruhigen Rückseite sind noch Balkone angebracht worden, so können die Bewohner nach Wunsch draußen frühstücken oder abends die untergehende Sonne genießen.

Die hochwertige und starke Dämmung bringt das Haus nun auf KfW 70-Niveau. „Der erste Winter mit relativ geringen Heizkosten hat gezeigt, dass das Gebäude eine sehr hochwertige Dämmung hat und durch den Wand- und Dachaufbau gleichzeitig diffusionsoffen ist“, sagt Ulrich Mendl und ist zufrieden. Er wird das System bei weiteren Bauaufträgen auf jeden Fall wieder empfehlen und einsetzen.

Autoren

Sabine Euler betreibt ein Agenturbüro im Südschwarzwald und betreut das Unternehmen Gutex bei der Pressearbeit.

Rüdiger Sinn ist verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift dach+holzbau.

Bautafel (Auswahl)

Bauherr und Bauleitung Hans-Ulrich Mendl, Geschäftsführer der Zimmerei Stopper

Holzbau, Planung Herbert Stopper, Zimmerei und Treppenbau GmbH, 72108 Rottenburg a.N.,

www.zimmereistopper.de

Architektur Architekt Dieter Fromme, AE concept, 72108 Rottenburg a.N., www.aeconcept.de

Statik Ingenieurbüro Dieter Kessler, 72108 Rottenburg a.N.

Holzfaserdämmung Gutex-Holzfaserplattenwerk, H. Henselmann GmbH Co KG, 79761 Waldshut-Tiengen, www.gutex.de

Konstruktion und U-Werte

Schrägdach 140 mm „Gutex-Ultratherm“ + 200 mm Zellulose-Einblasdämmung, U-Wert: 0,145 W/m2K

Fassade Fachwerk im Bestand + 220 mm Gutex Durio inkl. „Thermofibre“ Holzfaser-Einblasdämmung,

U-Wert: 0,17 W/m2K

Dachfenster U-Wert: 1,1 W/m2K

Fenster U-Wert: 0,9 W/m2K

Haustür U-Wert: 1,3 W/m2K

Innenwand zur Treppe in den Keller bestehende Wand gedämmt mit 150 mm „Gutex Thermoroom“ Holzfaser-Innendämmung, U-Wert: 0,23 W/m2K

Boden (gegen Erdreich im Keller) bestehender Boden gedämmt mit 100 mm „Gutex Thermosafe/-wd“;

U-Wert: 0,25 W/m2K

Boden gegen Keller   Holzbalkendecke gedämmt mit 200 mm „Gutex Thermosafe/-wd“;

U-Wert: 0,16 W/m2K

Angaben EnEV- Berechnung

Jahres-Primärenergiebedarf

Qp 30,2 kWh/m2a

Transmissionswärmeverlust H´T = 0,307 W/m2K

Beheiztes Gebäude-Volumen Ve = 884,6 m³

Gebäudenutzfläche AN = 283,1 m²

Fensterfläche, Alu-Kunststofffenster mit Sprossen 39,2 m²  

Solarthermische Anlage 32 Prozent solarer

Deckungsanteil zur Trinkwasserbereitung

Flachkollektoren 7,6 m²

Bei den Fenstern wurde das Fensteranschluss-System „Gutex-Implio“ verbaut. Ein Vorteil des Systems ist, dass die verschiedenen Komponenten je nach Bausituation zusammengestellt werden können. Die Laibungsplatten sind schon vorverputzt. Die Komponenten sind alle aufeinander abgestimmt, damit können die Anschlüsse entsprechend der Verarbeitungshinweise sauber ausgeführt werden.

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